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CDC: Interkulturelle Vielfalt im Arbeitsalltag

30.05.2017

Dies ist etwa im eigenen Team, in der Zusammenarbeit mit Partnern und Kunden oder bei der Integration von Zuwanderern zu berücksichtigen. Ein vielfältiges Umfeld kann gewinnbringend für den wirtschaftlichen Erfolg, aber auch Bereicherung für das persönliche Miteinander sein. Vorausgesetzt, alle Beteiligten sind sensibilisiert für die Wirkung kultureller Prägung auf unser Denken und Handeln. Katarina Lerch, interkulturelle Trainerin bei den gemeinnützigen Carl Duisberg Centren, gibt Informationen und Tipps für mehr gegenseitiges Verständnis:

Small Talk is Big Talk

Für Deutsche genügt es, wenn man mit sparsamen Worten grüßt, dankt oder lobt. Im internationalen Vergleich gelten sie als sehr sachlich und nüchtern. „Süßholzraspeln“ dient jedoch vielen Kulturen, wie etwa denen des Orients, der Beziehungspflege. Nehmen Sie sich Zeit für Small Talk, Lob und Komplimente sowie den ernstgemeinten Aufbau persönlicher Beziehungen. Und erklären Sie bei Bedarf, dass unsere nüchterne Art nicht ablehnend gemeint ist und man hier im Berufsleben mit weniger Süßholz besser fährt.
 

Vorsicht bei Kritik

Bedenken Sie, dass sogar bei sachlich vorgetragener Kritik im Umgang mit den meisten anderen Kulturen Fingerspitzengefühl gefragt ist. Heben Sie positive Aspekte hervor und äußern Sie selbst gut gemeinte Verbesserungsvorschläge anschließend durch die Blume. Vermeiden Sie Sätze wie „Das ist schlecht oder falsch“.

Zeit ist nicht überall Geld

Im arabischen und auch afrikanischen Kulturkreis zählen andere Werte mehr als Pünktlichkeit oder effektive Zeitplanung. Diese Kulturen sind gut im Improvisieren und flexibel bei Planungen. Solche Tugenden sind oft Ergebnis äußerer Umstände, wie etwa der Infrastruktur des Landes, die per se Flexibilität verlangen. Bevor Sie kritisieren, bedenken Sie: das Improvisationstalent dieser Menschen kann eine wertvolle Ergänzung zu deutscher Zeitplanung sein. Richten Sie Ihren Blick auf die positiven Seiten! Erklären Sie, warum Pünktlichkeit für Deutsche wichtig ist und drücken Sie auch mal ein Auge zu!

Wie viel Macht dem Chef?

Chef ist nicht gleich Chef – während in Dänemark oder den Niederlanden der Chef mehr als Coach fungiert, genießen Führungskräfte in Asien und Afrika, aber auch im arabischen Raum besondere Privilegien und Statussymbole. Sie sind akzeptierte und respektierte Autoritäten, als Vorgesetzte entscheiden sie und tragen die Verantwortung. Geht ein Kollege aus einer hierarchischeren Kultur bei Entscheidungen nicht über Sie, sondern über Ihren Chef, muss dies daher nicht zwangsläufig ein Zeichen von Misstrauen sein – er hält wahrscheinlich nur den üblichen Dienstweg ein.

Erwartungen kommunizieren

Deutsche tendieren zu einem etwas hierarchischeren Führungsstil, Autoritäten werden aber durchaus hinterfragt. Die Leute an der „Basis“ erwarten, in Entscheidungsprozesse mit einbezogen zu werden oder sogar daran mitzuwirken. Während hierzulande selbstständiges Arbeiten und Eigeninitiative gewünscht sind, kennen Mitarbeiter aus asiatischen, arabischen oder afrikanischen Kulturkreisen kleinschrittiges Arbeiten unter regelmäßiger Kontrolle. Arabische Mitarbeiter etwa sind klare Anweisungen und unbedingtes Nachfragen gewohnt – ein Zeichen der Wertschätzung durch den Chef. Mitarbeitern solcher Kulturen in Deutschland hilft es, wenn sie über Erwartungen aufgeklärt und zu mehr Eigeninitiative ermuntert werden.

Ohne Worte

Der Non-verbale Bereich macht in der zwischenmenschlichen Kommunikation mehr als neunzig Prozent aus. Gestik, Mimik oder etwa Distanzzonen unterscheiden sich je nach Kultur. Werten Sie daher zum Beispiel fehlenden Blickkontakt, etwa bei Menschen aus arabischen Ländern, nicht als Desinteresse an Ihrer Person oder Verlegenheit – ein gesenkter Blick ist dort Ausdruck von Respekt. Und ein schwacher Händedruck in China zeugt nicht von der Unsicherheit des Gegenübers, sondern von gutem Benehmen.
 

Grundlage für ein gelungenes Miteinander im internationalen Kontakt ist nicht eine größtmögliche Anpassung jeder Seite, sondern vielmehr das Wissen um die eigenen und anderen Werte und deren Hintergründe. Eine offene und abwartende Haltung, das alte Hausmittel „fragen“ sowie der berühmte Blick über den eigenen Tellerrand sind eine gute Basis für eine interkulturelle Sensibilisierung, die die Türe für viele Kulturen öffnet.
(Quelle: Carl Duisberg Centren)


Weitere Informationen:
www.cdc.de


Titelbild: Katarina Lerch, interkulturelle Trainerin bei den gemeinnützigen Carl Duisberg Centren