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ZDF spezial: Die Queen in Deutschland – Willkommen, Majestät!

12.06.2015

Des Weiteren will die Queen eine Bootsfahrt auf der Spree durch das Herz Berlins unternehmen und an der Neuen Wache einen Kranz für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft niederlegen. Am Abend wird es dann festlich: Elizabeth II. kommt erneut ins Schloss Bellevue, zu einem Staatsbankett – Vorfahrten und Defilee inklusive. Das ZDF berichtet live im "ZDF spezial: Die Queen in Deutschland – Willkommen, Majestät!"

Im Interview beleuchten die beiden Filmautorinnen Susanne Gelhard und Ulrike Grunewald auch die Hintergründe des nunmehr fünften offiziellen Staatsbesuchs der Queen in Deutschland nach ihrer ersten Visite vor 50 Jahren.

Blickt Großbritannien 70 Jahre nach Kriegsende anders auf die Verbindungen der Windsor-Dynastie zu den Häusern Hannover, Sachsen-Coburg und Gotha sowie Hessen?
Die Zeiten haben sich in der Tat geändert. Nach der NS-Zeit und dem Zweiten Weltkrieg redete man in Großbritannien nicht gerne über deutsche Verbindungen und deutsche Wurzeln. Doch im vergangenen Jahr wurde das Jubiläum "300 Jahre Deutsche Könige auf dem britischen Thron" gefeiert, es gab große Ausstellungen zu den Welfen-Königen aus dem Haus Hannover. Und im Britischen Museum war zudem die Ausstellung "Germany: Memories of a Nation" zu sehen. Da hat sich also eine neue Qualität in der Erkenntnis aufgetan, dass Großbritannien und Deutschland eine gemeinsame Geschichte haben, die auch im Rahmen aktueller europäischer Diskussion hilfreich sein kann.

Wird demnach der Deutschland-Besuch der Queen in ihrer Heimat so wahrgenommen, dass er mehr ist als nur eine Reise zu lieben Verwandten?
Der Staatsbesuch wird schon deshalb aufmerksam wahrgenommen, weil die Queen nicht mehr viel reist. Ihre letzte größere Reise führte sie 2011 nach Australien, danach war sie noch jeweils in Irland, Rom und Paris – und jetzt kommt sie nach Deutschland. Das wird zudem deshalb aufmerksam wahrgenommen, weil sie genau vor 50 Jahren zum ersten Mal Deutschland besuchte. Auch darum verbindet sich mit dem Besuch eine politische Botschaft: Die Queen zeigt in der aktuellen Diskussion um die Rolle Großbritanniens in der Europäischen Union ganz bewusst Nähe. Ihr Pressesprecher hat in einem Gespräch angedeutet, dass die Queen aufgrund ihres familiären Hintergrundes ein großes Interesse an den europäischen Beziehungen hat. Insofern setzt sie mit ihrem Besuch gerade nach den zurückliegenden Wahlen in Großbritannien ein Zeichen.

Und welches Zeichen setzt der Besuch der Queen im Konzentrationslager Bergen-Belsen? 

Das ist ein starker Schlussakzent ihrer Reise. 70 Jahre nach Kriegsende und in einer Phase, in der sich Großbritannien auch angesichts von 100 Jahre Erster Weltkrieg im Modus der Kriegserinnerungen befindet, zeigt sie damit an: Großbritannien ist heute nicht nur Partner Deutschlands, sondern war auch einer der Befreier und Mitbegründer des Demokratisierungsprozesses in Europa.

Als wie deutsch würden Sie die Queen denn nun bezeichnen? 
Die Nähe zu Deutschland kommt emotional durch ihren Gemahl, Prinz Philip, den Duke of Edinburgh, der die Beziehungen zu seinen Verwandten in Deutschland immer gepflegt hat. Die Queen schätzt über ihren deutschen Mann die deutsche Verwandtschaft und hat dabei viel Deutsches angenommen. Der britische Botschafter, den wir für unsere Doku interviewt haben, hat folgende Antwort gegeben: Vor allem symbolisiere die Königin Werte, die die Deutschen lieben: Disziplin, Verlässlichkeit, Pflichtbewusstsein. Das weiß man in Großbritannien mittlerweile sehr zu schätzen.

Sie haben für diese Doku mit Erbprinz Ernst August von Hannover, Hubertus von Sachsen-Coburg und Gotha sowie Donatus Landgraf von Hessen gesprochen, die sonst mit Interviews eher zurückhaltend sind. Was verraten sie über die deutsch-britischen Beziehungen ihrer Familien?
Man ist stolz auf diese Beziehungen. Man pflegt sie – und man sieht sie zunehmend als wertvollen Bestandteil des deutsch-britischen Verhältnisses, trotz problematischer Zeiten auch während des "Dritten Reiches". Mit der eigenen Geschichte versucht man inzwischen transparent umzugehen. Das ist sicher auch ein Grund, warum sich diese drei Häuser unserem Team geöffnet haben – zu Interviews, die es in solch einer Form und Exklusivität noch nicht gab.

Wo haben Sie denn die Interviews führen können?
Der sonst sehr medienscheue junge Erbprinz Ernst August von Hannover lud uns auf die Marienburg ein, den Privatbesitz seiner Familie. Als Nachfahre der Welfen trägt er den berühmten Namen seines Vaters. Wir konnten ihn außerdem bei einer privaten Führung auf Schloss Hampton Court in der Nähe von London begleiten. Dort zogen vor über 300 Jahren mit Georg I. die Hannoveraner ein. Der erste Georg sprach noch nicht einmal Englisch, als "mad and bad" galten die Deutschen. Doch spätestens mit Georg III. erkannte auch die britische Geschichtsschreibung die Verdienste der Hannoveraner auf dem britischen Thron an. Ihre Schwäche stärkte das Parlament.

Und welche Rolle spielten die Coburger?
Auch Hubertus von Sachsen-Coburg und Gotha führte uns persönlich durch den Familien-Stammsitz Schloss Callenberg in Coburg. Bis heute erinnert man sich dort gerne an Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, den Prinzgemahl von Königin Victoria. Er wird in Großbritannien wegen seiner Verdienste um die britische Nation geschätzt, als Gründer von Museen und sozialen Einrichtungen. Aber die Coburger wurden für die Royal Family zu einer sehr großen Belastung, als Carl Eduard Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, einer der vielen Enkel Queen Victorias, sich als Hitlerfreund und überzeugter Nazi entpuppte.

Bliebe noch das Haus Hessen?
Unsere Gesprächspartner im Haus Hessen, Donatus Landgraf von Hessen, der Chef des Hauses, und Prinz Rainer von Hessen, beschäftigen sich ebenfalls eingehend mit ihrer Familiengeschichte. Donatus von Hessen empfing uns in Kronberg im Taunus, wo Kaiserin Friedrich, die Mutter des letzten deutschen Kaisers und älteste Tochter von Königin Victoria, ihren Lebensabend verbrachte. Heute ist das Schlösschen ein Nobelhotel. Auch Donatus von Hessen ist stolz auf die engen verwandtschaftlichen Bande zum britischen Königshaus – und darauf, dass er zum Festessen mit der Queen und Prinz Philip in den Frankfurter Römer eingeladen wurde.
Mit Susanne Gelhard und Ulrike Grunewald sprach Thomas Hagedorn.
Mittwoch, 24. Juni 2015, 19.25 Uhr. ZDF spezial: Die Queen in Deutschland – Willkommen, Majestät! Live aus Berlin mit Antje Pieper. Redaktion: Anne Brühl, Matthias Pupat

Weitere Informationen:
www.zdf.de

Titelbild: Fünfter Besuch in 50 Jahren: Die Queen ist vom 24. bis 26. Juni in Deutschland. Foto: ZDF/Facundo Arrizabalaga