
Strichführung, brechende Achsen und kontrastreiche Farbgebung erinnern an die eigenwillige Ausdruckskraft von Amadeo Modigliani, der um 1900 mit seinen linearen Zeichnungen die Pariser Kunstszene verzückte. Unorthodox wertet Christa Klebor ihr Liebslingssujet – den negativ belegten Begriff "Weibsbilder" in ein positives Frauenbild um. Zuletzt stellte Christa Klebor in München und im Hotel Mercure, Stuttgart aus. Ab 22.Oktober 2006 werden ihre Werke im Schloss Dätzingen, bei Grafenau bei Sindelfingen, zu sehen sein.
Seit wann malen Sie?
Meine Malerei begann schon in frühester Kindheit. Bevor ich zur Schule kam, hatte ich schon ganze Tapetenbücher, meistens mit Modezeichnungen (langezogene Figuren mit langen Hälsen) gemalt, denn eigentlich wollte ich Modezeichnerin werden. Das war allerdings nach Meinung meiner Eltern "brotlose Kunst". Als mein Vater 70 Jahre alt wurde, habe ich für ihn ein Buch mit dem Titel "Brotlose Kunst" produziert, das einen Querschnitt meiner Malerei der letzten 40 Jahre zeigt.
Zunächst habe ich natürlich mit Buntstiften begonnen und dann mit Aquarell weiter gearbeitet. Noch heute male ich auf den Reisen mit meinem Mann "Schnellaquarelle”. Zwischenzeitlich habe ich Landschaften und Personen gebatikt, und auch die Fotografie spielt für mich immer eine große Rolle.
Welche Sujets bevorzugen Sie?
In den letzten Jahren liegt mein Hauptaugenmerk auf meinen "Weibsbildern". Im Mittelpunkt stehen Frauenportraits, überwiegend reduziert auf den Ausschnitt Kopf, Hals, Schulter und Brust. Dadurch bringe ich die Portraits noch näher an den Betrachter heran, und die In- und Übereinandersetzung der Farben schafft dennoch Raum. Kein anderes Körperteil ist so vielgestaltig in der Form, Größe, Proportion und so vielfältig im Ausdruck. Für schmuckes Beiwerk bleibt somit kaum mehr Raum. Die "Weibsbilder" zeigen Frauenportraits unterschiedlicher Charaktere, die auf humorvoll-kritische Weise beschrieben sind. Es ist auch eine Darstellung von Typen. Es sind Frauen, die mitten im Leben stehen, meistens ihre Standpunkte und Karriere erkämpfen und behaupten müssen, und selbst wenn sie in der "Belle-Etage” absteigen, ist das keineswegs reines Vergnügen, sondern Präsentation und Arbeit. Die angedeutete Kleidung und Aussehen lassen die Herkunft der Damen vermuten.
Wie erfassen Sie die Frauencharaktere in Ihren "Weibsbildern"?
Bezeichnend sind die überwiegend langen Hälse, die unterschiedlichen Augen und der Kopf, der meist etwas zu klein geraten scheint. Bereits meine frühen Modezeichnungen zeigten immer lange Hälse, als Zeichen graziler Erscheinung. Geprägt wurde dieses auch durch meine Erfahrungen als Ballettschülerin. Die Bilder entstehen oftmals zunächst mit dem Spachtel. Danach werden die Gesichtszüge, Konturen, Typen herausgearbeitet. Grundlage ist die Acrylfarbe, mit der ich besonders flexibel und temperamentvoll arbeiten kann. Die Konturen hebe ich manchmal durch Kreide und Pastell hervor. Die Formate variieren von 25 x 30 cm, 59 x 42 cm bis 69 x 84 cm. Ich arbeite ich sowohl auf Papier, dabei kann man großzügiger mit dem Spatel umgehen, als auch auf Leinwand.
Wie beschreiben Sie die Portraits Ihrer "Weibsbilder"?
Die Figuren zeichnen sich meist deutlich vom Hintergrund ab, so dass die Konzentration auf die dargestellte Frau gerichtet wird. Bei einigen Bildern spiegelt sich der Hintergrund wider. Die "Weibsbilder" sind "Allein", im Prinzip ohne jede Zuordnung, wo sie sich gerade befinden. Lächelnd, ernst, brav, nachdenklich, mondän oder mit starrem Blick, ungerührt von aller Hektik und allen Zuschauern blicken sie dem Betrachter entgegen. Fröhlich oder mit ernster Miene präsentieren sie sich mal in großer Robe, mal nur andeutungsweise erkennbar in einfachem Dress. Manche wiederum genießen die Aufmerksamkeit, im Rampenlicht zu stehen. Keck, adrett, apart anlockend, amüsiert und verlockend sitzen sie da. Alle gemeinsam haben Sie aber doch etwas träumerisches und liebenswürdiges. Die Frauenbildnisse sind teilweise der Phantasie entsprungen, aber auch aus Begegnungen und Erinnerungen meiner Reisen, und es sind Personen, die ich kenne.
Welche Botschaft wollen Sie dem Betrachtet der "Weibsbilder" mit auf den Weg geben?
Seit 1995 beschäftige ich mich intensiv mit der Acrylmalerei, speziell mit diesem interessanten Thema. Seit diesem Zeitraum ist eine ganze Serie von "Weibsbildern" entstanden, zu denen es mittlerweile drei Kataloge gibt. Dabei geht es mir darum, deutlich zu machen, welche Kräfte in einer Frau stecken, unabhängig davon, wie sie aussieht. In meinen Bildern strebe ich keine detailgenaue Wiedergabe an, sondern eine individuelle, auf die Stufe der Deutung gehobene Darstellung. Dennoch sind die Bilder wirklichkeitsnah, denn durch die Auswahl und Betonung bestimmter Momente wird das Wesen enthüllt. Die Bilder sind auch etwas Ausdruck des Selbstbildnisses.
Haben Sie künstlerische Vorbilder?
Mein Vorbild ist Modigliani, den ich allerdings erst vor einigen Jahren "zufällig kennen gelernt” hatte. Meine "Weibsbilder” die auch an Modigliani und dessen Vorbilder Rivera und Haviland erinnern, sind aber davon losgelöst, denn ich habe eine eigenständige Stilform gefunden. Meine Bilder entsprechen dem heutigen Zeitgeist und sind modern.
Was bedeutet für Sie Kunst?
Für mich ist Malen eine spannende Geschichte, denn es ist immer offen, wie sich das Bild zum Schluss entwickelt. Das gilt für die Farben, düster, hell, impulsiv usw. als auch für die Darstellung und die Haltung der Personen. Eine ungefähre Idee habe ich natürlich, doch während des Entstehungsprozesses nimmt das Bild meist eine völlig andere Wende. Das ist total spannend. Kunst ist für mich Lebensfreude, Gestaltung, Inspiration, Entspannung und Emotionsentladung. Kunst kommt aus sich heraus und beflügelt die Gedanken. Für mich ist es eine Art Nachhilfe, das Gehirn zu bewegen.
Kann man von der Kunst leben?
Von der Kunst zu leben ist wirklich sehr schwer, zumal ich als Autodidaktin die Erfahrungen gemacht habe, dass ich zunächst großen Zuspruch von unterschiedlichen Leuten bekomme: Galeristen, Kunsthistoriker, Kunstprofessoren und Kunstinteressenten. Wenn aber die Frage kommt: "Wo haben Sie studiert?", man dann nicht ein Studium und einen renommierten Professor nennen kann, ist dies für viele schon ein K.O- Kriterium. Dabei gibt es Künstler, die auch ohne Studium bekannt geworden sind – ja ein Studium sogar bewusst nach dem ersten Semester abgelehnt haben. Ich lasse mich da nicht beirren. In erster Linie macht es mir einfach Spaß zu malen und meine Bilder der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Das Interview entstand nach den Aufzeichnungen von Christa Klebor
Weitere Informationen:
www.ck-kreativwerkstatt.de
(Der Link wurde am 15.08.2006 getestet.)