
Das sich Verwandeln und in eine andere Rolle schlüpfen, das komödiantische, aber auch nachdenkliche Spiel auf der Bühne beherrscht Eva Zwack auf ungewöhnlich fesselnde und beeindruckende Art. Sie bezaubert ihr Publikum in dem von ihr im Jahr 2001 gegründeten Neuburger Boulevardtheater (89 Sitzplätze mit Galerie) und brilliert dort vor allem mit ihren Einpersonenstücken, die sie sich selbst gewissermaßen auf den Leib geschrieben hat. Am 11. Dezember 2008 wird ihr der Kulturpreis der Stadt Neuburg an der Donau verliehen. Und wer von ihr nicht lassen kann, kann Eva Zwack auch für Privat- oder Firmenveranstaltungen engagieren.
Was hat Sie dazu gebracht, Ihren derzeitigen Beruf zu wählen?
Nach jahrelanger Zugehörigkeit bei einem Amateurtheater entschloss ich mich, professionellen Schauspielunterricht zu nehmen und hatte das Glück, einer Frau, wie Susan Batson, zu begegnen, die große Stars, wie Nicole Kidman und Juliette Binoche coacht. In ihren Masterclass-Kursen konnte ich mir das nötige Rüstzeug aneignen, um meine Rollen auf der Bühne zu entwickeln.
Wie sieht bei Ihnen ein "ganz normaler Arbeitstag" aus?
Wenn ich eine Theaterproduktion vorbereite, gehe ich sehr strukturiert vor: Das heißt, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt muß der Text fertig sein, wenn ich diesen selbst schreibe und dann teile ich mir diesen ein, um ihn auf die Bühne zu bringen.
Das klingt zwar einfach, ist aber eigentlich ein vierundzwanzig Stunden-Job, weil man sich mit der Rolle Tag und Nacht beschäftigt und nach Möglichkeit alle Ideen dazu gleich umsetzt. So korrigiere ich meinen Text oft bis zuletzt immer wieder.
Dazu kommt: Wie soll die Bühne aussehen? Welche Requisiten brauche ich? Welche Technik wird benötigt? Wo bekomme ich die Sachen her? Was darf das Ganze kosten? Sponsoren für die Werbung müssen gewonnen werden. Meine PR Arbeiten müssen nebenher laufen: Presse etc. Einladungen, Kartenverkauf.
Sie betreiben das Neuburger Boulevardtheater und die Perlenoase. Wie bringen Sie beides unter einen Hut?
Tja, das ist gar nicht so einfach: Einmal lebt der Künstler von Kontrasten. Zum anderen hole ich mir durch den Umgang mit den Menschen wieder Ideen für meine Theaterarbeit. In Zeiten der Theatervorbereitung muss und will ich jedoch Farbe bekennen und mich ganz auf diese Arbeit konzentrieren, da ich Einpersonenstücke auf die Bühne bringe und von der Autorin über Produzentin, Regie und Darstellung alles alleine stemme. Zwei Herren kann man bekanntlich nicht gleichzeitig gut bedienen. Mein Publikum hat den Anspruch von mir die beste Leistung zu bekommen und es macht mir riesige Freude, daran zu arbeiten.
Als "kleine" Theaterleiterin – wie können Sie sich gegenüber großen Wettbewerbern am Markt behaupten?
Das ist sehr schwierig. Heute muss man durch das Fernsehen bekannt sein. Leider kommt es bei vielen Veranstaltern nur auf die Quantität (der Besucher) an und nicht auf die Qualität der Schauspieler.
Welches sind Ihre Lieblingsstücke außerhalb Ihres eigenen Programms, welche innerhalb Ihres Programms?
Außerhalb freue ich mich über jedes Stück, das gut gespielt wird und wegen der Publikumswirkung nicht verbogen wird. Innerhalb meines Programms finde ich in jeder Rolle etwas besonderes mit dem ich mich identifizieren kann. So kann ich mich eigentlich nicht für ein bestimmtes Stück entscheiden. Dennoch, Frauenschicksale und Bühnenstücke mit sozialem, gesellschaftlichem Hintergrund liegen mir besonders. Ins Kabarettistisch gehende Stücke möchte ich noch etwas ausbauen.
Was raten Sie jungen Frauen, die vor der Berufswahl stehen?
Sich viel im Leben anzusehen. Was läuft wann und wie? Habe ich die Ausdauer, diesen Beruf mit vollem Einsatz auszuüben? Geht mir Familie vor? Für Frauen bleibt es meiner Meinung nach schwierig, Familie und Beruf in Einklang zu bringen und sollte bei der Berufswahl berücksichtigt werden.
Würden Sie einer jungen Frau empfehlen, Schauspielerin zu werden?
Das kann ich nicht pauschal sagen. Schauspielen ist eine Passion! Das kann man nicht empfehlen, das packt einen.
Gibt es Aufgaben, die Sie nicht so gerne machen?
Ja, für mich selbst werben.
Haben Sie schon mal den Beruf wechseln wollen?
Na ja, das habe ich, nachdem ich mich für die Schauspielausbildung entschlossen habe und diesen Beruf will ich auf keinen Fall wechseln. Die Schauspielerin in mir wird immer Vorrang vor allem anderen haben.
Was unternehmen Sie in Ihrer Freizeit?
Ich suche ein Kontrastprogramm zu dem, was ich sonst mache. Beobachte gerne alles Lebendige, liebe Schiffsreisen, weil das Meer eine ungeheuerliche Kraft hat und bin glücklich, wenn ich den Horizont sehe. Und, da ich nicht still sitzen kann, habe ich das Häkeln angefangen, ein kleines Unternehmen gegründet und meine "Rolls Rauf" entworfen. Das ist ein sehr praktischer Schal, den man sich als Kapuze überstülpen kann. Eine Zeitlang habe ich auch gemalt und ein Buch mit dem Titel "Den Gleichklang suchend" mit meinen Bildern und Texten veröffentlicht.
Wo gehen Sie in Neuburg gerne hin?
Gastronomie: Dort, wo ich nette Leute treffe oder einfach gut bedient werde. Kultur: Wenn es meine Zeit erlaubt, besuche ich Theater, Konzerte und Ausstellungen. Shopping: Ist nicht so mein Ding.
Nach welcher Philosophie gestalten Sie Ihr Leben?
Nach Möglichkeit, das zu tun, was mich zufrieden macht. Nicht aufgeben, wenn es mal nicht so klappen sollte, nach dem Prinzip: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
Wer oder was inspiriert Sie?
Lebensgeschichten interessanter Menschen. Komische Situationen im täglichen Leben. Humorvolle Mitmenschen.
Künstlerische Vorbilder?
Viele! Von Katherine Hepburn, Romy Schneider, Lilly Palmer, Doris Schade, Gisela Stein bis zu Gisela Schneeberger und Monika Gruber. Es gibt einige interessante Vorbilder.
Welche Perspektiven sehen Sie für sich im Alter? Bzw. wie wollen Sie ihr Alter gestalten?
Aktiv bleiben, Ziele haben, nicht die Wehwehchen zählen und ...wenn es nicht mehr geht, in Würde schnell abtreten.
Sie spielen selbst Theater - wie würden Sie selbst z.B. in einer Ihrer neuen Rolle beschreiben?
Ich habe in diesem Jahr "Warum Eva?" geschrieben und gespielt. Anlässlich von zehn Jahren Neuburger Boulevardtheater wollte ich etwas über das Bühnengeschehen vor und hinter den Kulissen bringen und etwas über den Weg einer Schauspielerin, die versucht, im kleinstädtischen Denken nicht unterzugehen, aufzuzeigen. Als Clown schaffte ich mir die nötige Distanz zu dem Menschen Eva und konnte mit Humor die Einflüsse der Zeitepoche und der so genannten Gesellschaft auf dieses Menschenleben zeichnen. Meinen Einfall, dass Eva in einer Urne "sitzt" und im Keller einen Ehrenplatz finden soll, fand ich bezeichnend für alle Vergänglichkeit.
Manche Zuschauer grübelten über die Bedeutung der Urne und das fand ich deshalb gut, weil es mir zeigte, dass sich die Theaterbesucher über meine Stücke Gedanken machen.
Gibt es Vorgaben oder Tabus für Drehbücher?
Oh, es gäbe für mich viele Vorgaben. Es gibt so viele interessante Frauen, die ich gerne in einem Theaterstück aufleben lassen möchte, siehe "Maria Leopoldine", die letzte bayerische Kurfürstin. Das bedeutet eine lange Zeit der Recherchen und Vorbereitung, bei Maria Leopoldine waren es zwei Jahre. Tabus sind für mich Themen, welche die Menschenwürde beleidigen.
Wie schwierig ist es, "nur" zu spielen, wenn man selbst Regie führt?
Wenn ich mich ganz in die Situation des Geschehens fallen lasse und die Figur erarbeitet habe, ergibt sich vieles von selbst. Wie gesagt, deshalb beschäftigt es mich ja auch ständig. Man zieht zum Beispiel aus dem Alltag plötzlich Gegebenheiten, die man einbauen kann.
Haben Sie Lampenfieber?
Ja, immer und wahnsinnig!
Was bedeutet es für Sie auf der Bühne zu stehen?
Frei zu sein, für Gefühle und Ausdrucksweisen, die man im täglichen Leben nicht so ohne weiteres an den Mann bringen kann. Einfach zu leben, ausbrechen zu können aus dem Alltag.
Was sind Ihnen die liebsten Rollen?
Jede, mit der ich mich gerade beschäftige.
Wer ist Ihr größter Bewunderer?
Ich denke, mein Publikum. Darunter ist natürlich meine Familie mit meinen vier Enkelkindern. Viele meiner treuen Zuschauer schreiben mir Briefe mit einzigartigen Komplimenten.
Kann man von der Schauspielerei leben?
Nein! Dazu muss man sehr bekannt sein und Eigenwerbung betreiben, was mir nicht leicht fällt. Deshalb habe ich mir auch ein zweites Standbein geschaffen und eröffne mit der "Perlenoase" ein "Schmuckkästchen" in Neuburg. Übrigens die "Perlenidee" entstand nach meiner Rolle als Coco Chanel. Ich holte mir die Arbeiten des renommierten Schmuckdesigners Raphael Maria Stieler ins Haus und verkaufe nun seinen handgearbeiteten Echtschmuck. Übrigens, auch zur kommenden "Schmuck durch Schmuck"-Ausstellung, die ja unter dem Dach der Mut zum Hut-Veranstaltung Ende September dieses Jahres zum 11. Mal in Neuburg durchgeführt wird, können die Besucher meine Handarbeiten und den Designer-Schmuck im Marstall bewundern.
Wie definieren Sie "Talent"?
Mit Liebe an die Sache herangehen, um sich dann mit Leib und Seele auf das einlassen zu können, was man tut. Ideen umzusetzen. Beobachtungsgabe und Fantasie. Den Schweiß der harten Arbeit abperlen lassen, als wären es Diamanten.
Die Fragen stellte Brigitte Karch
Weitere Informationen:
www.evazwack.de
Bildunterschrift: Eva Zwack. Foto: Franz Richarz
(Der Link wurde am 30.06.2010 getestet.)