Was bedeutet Ihr Künstlername "Alraune"?
Die "Alraune" ist eine zauberkräftige Wurzel. Fürs Zaubern habe ich eine Schwäche, ich bin immer auf der Suche nach geheimnisvollen Menschen und Objekten. "Alraune" hieß auch schon mein kleiner Laden für Textilantiquitäten in Stuttgart, den ich 1978 eröffnet habe.
Wie sind Sie darauf gekommen, Figuren und Objekte zu nähen?
Es hat mich interessiert dreidimensional zu arbeiten. Ich habe eine Ausbildung zur Textildesignerin abgeschlossen. Daher lag es für mich nahe, meine Szenerien mit Nadel und Faden zu realisieren. Nähen ist mein Gestaltungsmittel. Und das Material? Stoffe und Watte! Weich, weiblich, sinnlich…Besonders gerne arbeite ich mit feinem Brokat und Spitzen. Für Samt und Seide habe ich eine Riesenschwäche.
Wo sammeln Sie Ideen für Ihre Arbeit?
Sehr inspirierend sind für mich Besuche von Stoffläden, Markthallen und Delikatessen-Geschäften. Ich stöbere auf Flohmärkten und bei Fabrikverkäufen. Ich bin sehr neugierig und versuche, Dinge miteinander zu verbinden, die eigentlich nicht zusammengehören.
Wie lange braucht die Anfertigung einer Figur?
Das dauert ungefähr zwei Wochen. Übrigens sind die Figuren danach nicht unveränderlich. Es kann durchaus vorkommen, dass Nasen "korrigiert" und Ohren ausgetauscht werden. Bei über 60 Figuren habe ich da ein schier endloses Betätigungsfeld.
Unter Ihren Figuren entdeckt man auch Prominente. Warum?
Dalí, Mrs. Marple oder Angela Merkel haben auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun. Es sind völlig unterschiedliche Charaktere, jeder auf seine Art beeindruckend. Sie zusammen in einer Kulisse zu erleben, finde ich faszinierend.
Ihre Szenerien sind mit vielen Accessoires ausgestattet. Genügen Ihnen Figuren alleine nicht mehr?
Das ist richtig. Ich will "realistische Environments" mit Gegenständen des alltäglichen Lebens ausstellen. Wenn erst einmal eine bestimmte Richtung eingeschlagen ist, lassen sich die verschiedenen Objekte wie ein Mosaik zusammenfügen. Das Klavier beispielsweise bekommt nicht nur seinen Pianisten, sondern auch die Operndiva wird von weiteren Musikern mit Instrumenten und Notenblättern aus Seide und Pailletten begleitet. So entsteht im Laufe der Jahre eine vollständige "Opernszenerie". Meine Objekte sind Gegenstände, die ich gerne um mich habe.
Ihre Arbeiten orientieren sich an der so genannten Soft-Art-Bewegung der 70er Jahre. Was verbirgt sich dahinter?
Soft-Art ist die Kunst des "weichen Materials". Ich liebe Soft-Art-Künstler wie Claes Oldenburg oder Rebecca Horn, weil sie Materialien verwendet haben, die auch mich inspirieren.
Was wollen Sie mit Ihrer Kunst bewirken?
Ich habe meine Szenerien und Objekte erst einmal für mich selbst gemacht. Die ersten Figuren entstanden 1981, einer Zeit, in der es mir nicht besonders gut ging. Mein Ziel war es, eine ganze genähte Gesellschaft von exzentrischen Freunden um mich zu versammeln. Ich habe mich an Ausstellungen beteiligt und Objekte verkauft. Es ist mir gelungen, Beachtung zu finden und andere Menschen zum Staunen zu bringen. Ich habe eine Art Gegenwelt zum Alltag geschaffen, mit der ich andere Menschen verzaubern kann.
Auf der Heim+Handwerk 2008 präsentieren Sie erstmals ihr Soft-Art-Hotel "Zum Bayerischen Mopserl". Was fasziniert Sie an Hotelszenerien?
Sie sind eine wunderbare Gelegenheit, einen eigenen kleinen Lebenskosmos in unterschiedlichsten Räumen sozusagen begehbar zu machen.
Weitere Informationen:
www.hh-online.de
www.panoptikum-siebert.de
www.dagusta.de
Foto: Stefanie Alraune Siebert
(Die Links wurden am 09.11.2008 getestet.)