Eine rätselhafte Mordserie beunruhigt Bevölkerung und Behörden im Afrika der Kolonialzeit. Die Opfer werden grausig zugerichtet: die Körper zerkratzt, häufig ihrer Organe beraubt, Verletzungen am Nacken. Dem ersten Anschein nach sind dies Spuren einer Leoparden-Attacke, doch Untersuchungen zeigen, dass diese Verletzungen von Menschenhand zugefügt wurden. Rund 1000 Afrikaner werden zwischen 1850 und 1950 so getötet – häufig haben die Opfer mit den Kolonialherren zusammengearbeitet.
Die Gerichte der Kolonialmächte urteilen die Mörder (oder wen sie dafür hielten) ab, doch es bleibt unklar: Sind sie Einzeltäter? Steckt eine anti-koloniale Guerilla dahinter? Handelt es sich um religiöse Ritualmorde? Die Kasseler Wissenschaftlerin Stephanie Zehnle macht sich daran, Jahrzehnte nach Ende des Kolonialzeitalters die Hintergründe der so genannten Leopardenmorde aufzuklären.
Ihr Forschungsprojekt „Leopardenmänner. Ein translokales Gewaltphänomen in der kolonialen Phase Afrikas“ wird als Teil der in Kassel koordinierten Forschergruppe „Gewaltgemeinschaften“ mit rund 300.000 Euro für drei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. „Ich kann nicht Einzeltäter nachträglich überführen oder Verurteilte entlasten“, konkretisiert die Historikerin die Zielsetzung. „Aber ich will klären, wer als Täter in Frage kommt, ob es religiöse oder politische Motive gab, ob die Täter in eigener Sache töteten oder im Namen der einheimischen Bevölkerung. Und ich will die Rolle klären, die der Tiermythos spielt.“
Weitere Informationen:
www.uni-kassel.de
(Der Link wurde am 27.05.2013 getestet.)
Bildtext: Stephanie Zehnle. Foto: Uni Kassel