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ZDF: „Der Clan. Die Geschichte der Familie Wagner“ - Familiensaga mit Iris Berben

26.01.2014

Christiane Balthasar inszenierte die Familiensaga mit Iris Berben, Lars Eidinger, Petra Schmidt-Schaller, Eva Löbau, Heino Ferch, Felix Klare, Vladimir Burlakov und Justus von Dohnányi nach dem Buch von Kai Hafemeister. Der Eventfilm „Der Clan. Die Geschichte der Familie Wagner“ wird am Sonntag, 23. Februar 2014, 20.15 Uhr im ZDF gesendet.

Janine Friedrich führte ein Interview mit der „Chefin des Wagner-Clans“, Iris Berben, die im Film Cosima Wagner darstellt.

Die Figur der Cosima Wagner bildet den roten Faden der Erzählung. Was wussten Sie über die historische Figur? 
Wenn man sich mit Richard Wagner beschäftigt, fällt immer auch der Name Cosima Wagner. Das ist eine ganz enge Symbiose. Allerdings war mir der immense Einfluss nicht bewusst, den sie hatte. Von ihrer fast manischen Art und Weise, wie sie diesen Wagner zunächst einmal geliebt und verehrt, ihm vor allen Dingen aber auch ein Denkmal gesetzt hat – und zwar kein Denkmal eines begnadeten Musikers, sondern eigentlich etwas Überirdisches geschaffen hat. Diese Farbe war mir nicht so klar. Erst durch die unterschiedlichen Biographien, die ich in der Vorbereitung gelesen habe, habe ich davon erfahren. Und in unserem Film erzählen wir ja nur einen Teilaspekt – wir beginnen mit dem Tod Richard Wagners und enden mit der Machtergreifung Hitlers. Dieser Zeitraum setzt den Fokus sehr stark auf Cosima. Sehr viel stärker als auf Richard Wagner. Man kann sagen, dass es ihre Zeit gewesen ist. Und darum ist es ganz geschickt gemacht, dass sie den roten Faden im Film bildet. Wie sie es eingefordert, fast erzwungen hat, das Bild Wagners nach seinem Tode aufrechtzuerhalten.

Bildtext (l.): Das Oberhaupt des Clans: Cosima Wagner (Iris Berben): „Cosima war die größte PR-Managerin, die es für Wagner geben konnte“. Foto: ZDF/Hannes Hubach

 

 

Natürlich habe ich mir auch viele Gedanken darüber gemacht, was jemanden so antreibt. Und ich glaube, ein Teil der Antwort liegt in ihrer eigenen Biographie: die Tochter von Franz Liszt und einer Französin zu sein, eine uneheliche Tochter zu sein, was ja zu der damaligen Zeit nicht akzeptabel war, die eigene Musik für einen anderen aufzugeben und sich dann ganz zu lösen von der eigenen Biographie und mit aller Macht dafür zu kämpfen, in Deutschland, bei Wagner angenommen zu werden - all das hatte Einfluss auf Cosimas Verhalten.

Die historische Cosima Wagner gilt, ebenso wie ihr Mann Richard, als Antisemitin. Wie gehen Sie und wie geht der Film mit diesem Aspekt der Wagner-Geschichte um?
Das war für mich möglich, weil der Film mit der Machtergreifung Hitlers endet. Bis dahin sprechen wir nicht vom Antisemitismus, der schon in die Vernichtung geführt hat. Zu dieser Zeit war das ein gesellschaftlich akzeptierter Antisemitismus und das Ausgrenzen gehörte vor allem bei dieser Schicht dazu. Auf der anderen Seite ist man ganz pragmatisch damit umgegangen, wenn es helfen konnte, gerade auch in der Musik. Wenn jemand begabt war, wurde das gerne auch benutzt. Es war nicht der Antisemitismus, der mit dieser ungeheuren Vernichtungsmaschinerie einherging. Aber es macht einem die Frau natürlich nicht sympathischer.

Bildtext (r.): Mutter und Tochter: Cosima Wagner (Iris Berben, l.) und Isolde Wagner (Petra Schmidt-Schaller, r.). Foto: ZDF/Hannes Hubach

 

Cosima stellt die Bewahrung von Wagners Erbe über das Wohl ihrer Kinder. Als es wegen der Festspielleitung zum Streit kommt, behauptet sie sogar, Isolde sei gar nicht Richard Wagners leibliches Kind. Können Sie ihr Verhalten nachvollziehen?
Ich denke, vieles liegt in ihrer Biographie: Heute würde man sagen, sie war die größte PR-Managerin, die es für Wagner geben konnte. Sie wollte alles in dieser Familie lenken. Es war reine Vermarktung, die sie betrieben hat. Auch im Einfordern ihrer Kinder. Diese Figur muss man als Mutter sehen, die sich über die Wünsche, die Neigungen, die Lebensvorstellungen ihrer Kinder total hinweggesetzt hat. Tatsächlich ist ihr das Wohl der Kinder weniger wert als das Erbe des Mannes. Das ist ein Charakterzug einer Frau, der schwer zu vermitteln und ganz klar nicht nachvollziehbar ist. Vor allem in unserer heutigen Gesellschaft, wo wir doch die Diskussionen führen, dass wir die Neigungen unser Kinder möglichst verstehen und fördern und sie nicht zu etwas zwingen sollten, was sie zu einem seelischen und körperlichen Krüppel macht.

Bildtext (l.): Mutter und Tochter im Gespräch: Cosima Wagner (Iris Berben, l.) und Eva Wagner (Eva Löbau, r.). Foto: ZDF/Hannes Hubach

 

 

Gab es ein Detail in Maske oder Kostüm, welches Ihnen am meisten geholfen hat, sich in Ihre Rolle einzufühlen?

Wir konnten auf eine außergewöhnliche und exquisite Gruppe von Masken- und Kostümbildnern zurückgreifen, gerade was die Veränderungen in der Altersmaske angeht. Der Zuschauer sollte nicht darauf achten, wie das aussieht. Es muss beiläufig passieren, aber es muss passieren. Und das ist die große Kunst. Maske und Kostüm sind Mittel, die einem in einer Rolle helfen. Aber für den Zuschauer sollte es nicht zum Thema werden. Maske und Kostüm stellen ein Korsett dar, um sich einzufügen – in das eigene dir vorgegebene Korsett, in das Korsett dieser Zeit. Insofern war es immer eine große Hilfe – vor allem die Schlussmaske zum Tod hin. Es sollte kein Verkleidungsspiel sein, sondern die jeweilige Situation unterstützen, und ich denke, das haben sowohl das Kostüm als auch die Maske immer geschafft.

Inwiefern macht es für Sie einen Unterschied, eine fiktive Rolle oder eine historische Figur zu spielen? Wie nah bleiben Sie an der historischen Vorlage?
Wenn eine Vorlage einer historischen Figur existiert, muss man sich entscheiden, wie nah man diese an sich heranlässt, in der Äußerlichkeit, in vielen Details. Oder versucht man, den Inhalt dessen zu vermitteln, was die Figur gelebt und verbreitet hat. In dem Fall war für mich der Inhalt wichtiger als Cosima als äußere Person nahezukommen. Aber natürlich geht man mit viel Respekt heran, denn vieles ist überprüfbar. Man muss sich gut damit beschäftigen. Wie hat sich jemand verhalten, ist es in jeder Stimmlage so, in jeder Tonalität oder nicht. Dann muss man sich davon aber auch wieder lösen. Das wird gemeinsam mit der Regie erarbeitet. Aber aufgrund der Überprüfbarkeit einer real existierenden Person ist man natürlich besonders sorgfältig.

Bildtext (v.l.): Der Wagner-Clan und seine Freunde: Karl Klindworth (Werner Haindl), Houston Chamberlain (Heino Ferch), Eva Wagner (Eva Löbau), Cosima Wagner (Iris Berben), Siegfried Wagner (Lars Eidinger), Isolde Wagner (Petra Schmidt-Schaller), Franz Beidler (Felix Klare). Foto: ZDF/Hannes Hubach



Cosima hat ihr Klavierspiel aufgegeben, um ihr Leben in den Dienst des Meisters zu stellen. Sind Sie ein musikalischer Mensch? Spielen Sie Klavier?
Als junger Mensch hatte ich Klavierunterricht. Mein Stiefvater war Pianist und Hornist an der Hamburger Staatsoper und ich bin mit klassischer Musik aufgewachsen. Aber wie das so ist: Als junges Mädchen habe ich das nur widerwillig gemacht. Heute sage ich natürlich, hätte ich bloß weitergemacht. Das Piano ist ein so wunderbares Instrument. Schade, dass ich diese Weitsicht als junger Mensch nicht hatte. Aber mir ist klassische Musik dadurch eben auch nicht fremd und es hat mir ein klein wenig bei den Klavierszenen geholfen, die ich spielen musste. Ich habe mich natürlich auch im Vorfeld der Dreharbeiten viel damit beschäftigt, mit der Körperhaltung, der Tastatur, und dabei hat mir mein Wissen sicher ein wenig geholfen – aber viel zu wenig, um in die Nähe dessen zu kommen, was im Film gespielt wurde (lacht).
Das Interview führte Janine Friedrich

Weitere Informationen:
www.zdf.de

Titelbild: Bildtext: Genießt den Applaus des Publikums: Cosima Wagner (Iris Berben). Foto: ZDF und Hannes Hubach