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Uni Augsburg: Archäologin Prof. Dr. Natascha Sojc liest über Migration, Flucht und Asyl in der antiken Welt

18.10.2015

 

 

Lesesonntag: Wie immer laden die Fächer Alte Geschichte und Klassische Archäologie auch im Wintersemester 2015/16 wieder alle Interessierten zu ihrem Altertumswissenschaftlichen Kolloquium ein. Alle sieben Vorträge bewegen sich diesmal im Themenkreis "Migration, Flucht und Asyl in der antiken Welt". Im ersten Vortrag am kommenden Dienstag, dem 20. Oktober, der zugleich ihre Antrittsvorlesung an der Universität Augsburg ist, berichtet Prof. Dr. Natascha Sojc (Klassische Archäologie) unter dem Titel "Kultureller Austausch im Heiligtum" über ihre aktuellen Grabungen auf Sizilien.

 

Aus aktueller Perspektive bedarf das Semesterthema des Altertumswissenschaftlichen Kolloquiums kaum einer Rechtfertigung: Die Begriffe Migration, Flucht und Asyl stehen - auch jenseits der akuten Zuspitzungen der allerjüngsten Zeit - für zentrale politische und gesellschaftliche Herausforderungen unserer Gegenwart. Kaum minder virulent freilich, waren sie bereits in der Antike:


 

Migration

... hat seit Beginn der griechischen Geschichte einen prägenden Einfluss auf die gesellschaftliche Formierung ausgeübt, wobei man inzwischen von der Vorstellung größerer "Völkerwanderungen" absieht und stattdessen von einem sukzessiven Einsickern kleinerer, heterogen zusammen gesetzter Gruppen ausgeht. Insbesondere im Zeitalter der Großen Kolonisation (8.-6. Jahrhundert. v. Chr.) führten unterschiedliche Motivationen, etwa ökonomischer oder sozialer Art, zu entsprechender Mobilität; auch ist die Frage nach dem Verhältnis von Migration und Kolonisation derzeit stark in der Diskussion.

 

Flucht

... war in der antiken Welt, die vielfach von inneren und äußeren Kriegen heimgesucht war, ein geradezu alltägliches Phänomen. Sie bedeutete für die Flüchtenden selbst und die sozialen Konstellationen, auf die die Flüchtenden stießen, erhebliche Herausforderungen, nicht zuletzt in alltagspraktischer Hinsicht - letztlich konnten sie erneute Flucht nach sich ziehen oder auch zu kulturellem Austausch auf verschiedenen Ebenen führen, Gesellschaften verändern und erhebliche Anfragen an die Identität nach sich ziehen.

 

Asyl

... schließlich war zwar eine bereits in der Antike weit verbreitete Einrichtung, auch stammt der Begriff, der auf die "Unverletzlichkeit" zielt, aus der Antike, doch schuf sie nur soweit Sicherheit, wie sie überhaupt durchgesetzt werden konnte. Sie war aber umso wichtiger, als jede Person außerhalb des eigenen Personenverbandes erst einmal rechtlos war und sich mitunter nur durch die Flucht z. B. in ein Tempelasyl retten konnte. Aber nicht jedes Heiligtum besaß automatisch die Asylie, sondern es bedurfte einer eigenen Verleihung, und so verwundert es nicht, dass anhaltende Diskussionen über Rechtmäßigkeit und Reichweite geführt wurden - vom Problem der Versorgung der Asylanten ganz abgesehen.

 

"Für alle drei Phänomene ist es aufschlussreich, nach den jeweiligen Ausgangssituationen und Motiven zu fragen, ebenso nach den rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen", erläutert der Althistoriker Prof. Dr. Gregor Weber die Wahl des Themas der von ihm und seiner Kollegin Sojc veranstalteten Reihe. Eine große Herausforderung bestehe darin, das sehr heterogene Quellenmaterial sachgemäß zu interpretieren.

 

"Gerade vor dem Hintergrund der großen Unterschiede zwischen den antiken und modernen Verhältnissen, zumal was die jeweilige gesellschaftliche Basis anbelangt, sollen die Vorträge dazu beitragen, für die Thematik weiter zu sensibilisieren", ergänzt Natascha Sojc. Im ersten Vortrag des Altertumswissenschaftlichen Kolloquiums, mit dem sie zugleich ihre Antrittsvorlesung an der Universität Augsburg gibt, berichtet die Archäologin aus ihrem Langzeitprojekt, in dem sie die Kooexistenz unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen im antiken Akragas (Agrigent) erforscht.
(Quelle: Uni Augsburg)


Weitere Informationen:
www.uni-augsburg.de

 

Titelbild: Beim ersten Termin des Altertumswissenschaftlichen Kolloquiums am 20. Oktober stellt sich Prof. Dr. Natascha Sojc, seit Mitte 2014 Inhaberin der Professur für Klassische Archäologie, in ihrer öffentlichen Antrittsvorlesung vor. Ihr Thema lautet: „Kultureller Austausch im Heiligtum. Griechisches, Sikulisches und Punisches in der Grabung von Santa Anna bei Agrigent“. Foto: privat