illionen Deutsche leben alleine, darunter viele im Rentenalter. Dieses späte Single-Dasein trifft vor allem Frauen, deren wesentlich höhere Lebenserwartung im Verhältnis zu den Männern sie zu Witwen macht.
Eine davon ist Jutta Kämper. Sie arbeitete lange als Sozialplanerin für Frauen– und Nachbarschaftsprojekte, wurde früh Witwe und zog fünf Kinder alleine groß. Als Jutta Kämper bewusst wurde, dass sie in ihrem Bekanntenkreis mit ihrer alleinstehenden Situation keineswegs die Einzige war, gründete die damals 65-Jährige gemeinsam mit weiteren engagierten Frauen in Berlin einen Verein zur Unterstützung alleinstehender Frauen. Dieser war zunächst karitativ tätig, bevor die Idee reifte, ein Eigenheim für viele Frauen unter einem Dach zu schaffen. In Anlehnung an die holländischen Beginenhöfe, in denen bereits im Mittelalter alleinstehende Frauen gemeinschaftlich zusammenlebten, nannten sie ihren Verein BeginenWerk
Der Zweck: Ihren gemeinsamen Traum zum Leben zu erwecken - ein Haus mit Wohnungen für Frauen und einem Gemeinschaftsraum mit Garten, der zum Get-together mit kulturellem Angebot einlädt.
Die engagierten Frauen suchten sich für ihr Frauen-Wohnprojekt in spe zunächst ein Grundstück und einen Bauträger. Letzteren fanden sie nach langem Suchen in einem mittelständischen Unternehmen mit deutschniederländischer Unternehmenskultur, das Projektplanung, -entwicklung und Bauausführung aus einer Hand anbietet und sich sofort von der Idee begeistert zeigte: „Kondor Wessels war immer offensichtlich stolz darauf, für Frauen zu bauen“, erklärt Kämper zufrieden.
Bildtext (u.): Unverbindliche Visualisierung vom Florahof, Berlin
2007 errichtete Kondor Wessels im Auftrag des Beginenwerks den „Beginenhof“ am Erkelenzdamm in Berlin-Kreuzberg mit 53 Wohnungen, in dem auch die Gründerin selbst wohnt. 2011 folgte aufgrund der enormen Nachfrage der „Müggelhof“ in der Friedrichshainer Müggelstraße mit 25 Wohnungen und derzeit ist ein drittes Haus im Bau: Der „Florahof“ im beliebten Pankower Flora-Kiez mit zwanzig modern ausgestatteten Eigentumswohnungen zwischen rund 50 und 70 Quadratmetern, Gemeinschaftsraum, Gäste-Apartment und Dachgarten. Die Fertigstellung ist 2015 geplant, doch schon jetzt sind bereits zwei Drittel der Wohnungen verkauft.
Wer sind die Käuferinnen? Frauen zwischen Mitte 40 und 80 Jahren, die nach einer Familienphase, Trennung oder dem Tod des Mannes alleinstehend sind, sowie Frauen, die Unabhängigkeit und Ungebundenheit lieben. All diese Frauen sind keineswegs Männerverächterinnen, sondern selbstbewusste Frauen, die in weiblicher Gemeinschaft leben möchten, ohne mit jemandem den Haushalt zu teilen.
Sie kommen aus dem ganzen Bundesgebiet in die Hauptstadt: Einige jüngere Berufstätige wegen eines Jobs, die meisten jedoch sind ehemalige Berufstätige, die das kulturelle Angebot und die Infrastruktur Berlins reizt.
Der Vorteil der Frauen-Wohnprojekte: Alle Bewohnerinnen haben Lust auf das gemeinschaftliche Zusammenleben, ohne ihre Eigenständigkeit aufzugeben. Sie nutzen den Gemeinschaftsraum, um sich auszutauschen und gegenseitig zu inspirieren: Mit Vorträgen zu sozialen oder politischen Themen sowie Reiseerfahrungen, Fotoausstellungen, Lesungen, oder sportlichen Gemeinschaftsangeboten. Je nachdem, welche Talente und Fertigkeiten sie mitbringen.
Das selbstbestimmte Zusammenleben in weiblicher Gemeinschaft scheint offensichtlich gut zu tun: Denn Gründerin Jutta Kämper wirkt mit ihren heutigen 80 Lebensjahren noch immer wie eine vitale Powerfrau, die sicher noch viel vorhat.
Weitere Informationen:
www.florahof.com
www.beginenwerk.de
Titelbild: Unverbindliche Visualisierung vom Florahof, Berlin