Nach Reisen durch die Museen der Welt als Kulturbotschafter der Stadt München sind die Werke wieder in ihrer Heimat angekommen. Die weltweit größte und bedeutendste Sammlung an Kunstwerken aus dem Kreis des „Blauen Reiter“ mit den prominentesten Vertretern Gabriele Münter und Wassily Kandinsky „ist wieder dahoam“, freut sich Museumsdirektor Matthias Mühling.
Bildtext (u.): Ausstellungsansicht. Aus der Volkskunstsammlung von Gabriele Münter und Wassily Kandinsky. Foto: Lenbachhaus. Gabriele Münter und Johannes-Eichner Stiftung
Auffallend ist die ungeheure Modernität der Künstlergruppe „Blauer Reiter“, die vor mehr als hundert Jahren ein leidenschaftliches Sendungsbewusstsein entwickelte, Visionen einer grenzenlosen Kunst folgte, unabhängig von Zeit, Religion, Volkszugehörigkeit, frei und pluralistisch. Sie umarmte die Volkskunst ebenso wie akademische Kunst, ließ sich von ägyptischen Schattenbildern und von afrikanischen Schnitzereien und bayerischen Hinterglasbildern inspirieren. Zu sehen sind etwa Hinterglasbilder mit religiösen Motiven von Gabriele Münter und Wassily Kandinsky.
Hauptrollen spielen Kinder und Tiere. Großartige Werke von Weltrang wie die vom Kubismus beeinflussten „Der Tiger“ und „Kühe – rot – gelb grün“ von Franz Marc und natürlich das namensgebende, fast wie ein Mensch mit zur Seite geneigtem Kopf sinnende „Blaue Pferd“ von August Macke scheinen Tier und Kosmos zu verschmelzen.
Bildtext (r.): Elfriede Schröter (Friedel), Kinderzeichnung. Foto: Lenbachhaus, © Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung
Gabriele Münter hat in ihrem Gemälde „Im Zimmer, Frau im weißen Kleid“ die – ebenfalls ausgestellten – Kinderbilder ihrer dreizehnjährigen Nichte Elfriede Schröter aufgenommen. Von Kandinsky und ihr gesammelte Volkskunst-Figürchen, die in einer Vitrine zu sehen sind, finden sich in einem weiteren Gemälde wieder.
Gabriele Münter ist mit bekannten und unbekannten Bildern wie „Melancholische Schönheit“ vertreten. (Hinweis: 2017 gibt es eine große Münter-Ausstellung mit rund 80 unbekannten Bildern.)
Wie umspannend die Kunstauffassung des „Blauen Reiter“ war beweist, dass Lotte Reinigers legendärer Silhouettenanimationsfilm „Prinz Achmed“ gezeigt wird.
Interaktiv können Besucher sich mit dem „Almanach“ von 1912 vertraut machen. Er vereint Auffassungen und Ideen der Kunst des „Blauen Reiter“ und erläutert die Vorbildersammlung der Künstlervereinigung.
Alexej Jawleskys „Bildnis des Tänzers Sacharoff“, ein Porträt des androgynen Tänzers im leuchtend roten Gewand und den scharfkantigen Gesichtszügen ist eine weitere Attraktion der neuen Dauerpräsentation.
Bildtext (l.): Alexej Jawlensky. Bildnis des Tänzers Sacharoff / Portrait of the Dancer Alexander Sacharoff, 1909. © Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München
Atemlos geht es von Attraktion zu Attraktion, ein Dokumentationsraum lädt zum Verweilen ein. Besucher können dort dem Verhältnis der Künstler zur Musik der damaligen Avantgarde wie Schönberg, von Webern und Berg nachspüren.
Um all‘ die Münters, Klees und Kandinskys, Mackes und Marcs auf sich wirken zu lassen, sind viele Besuche des Lenbachhauses notwendig. Entdeckungen gibt es in Fülle, so u.a. zwei kleine Werke von Alfred Kubin „Eindringlinge“ und das „meinem lieben Kandinsky und dem Fräulein Münter“ gewidmete „Begegnung“. Sehr empfehlenswert: der kleine Raum mit Ölstudien von Gabriele Münter und Wassilij Kandinsky.
Bildtext (u.): Ausstellungsansicht. Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München
Insgesamt wird die Sammlung in einer Hängung präsentiert, die größeren Gemälden mehr Raum lässt und so der Forderung Kandinskys nachkommt, dass nur das „eigentlich Künstlerische“ im Mittelpunkt der Betrachtung stehen solle.
Brikada-Empfehlung: Priorität!
Doris Losch
Weitere Informationen:
www.lenbachhaus.de
Titelbild: Gabriele Münter. Im Zimmer, Frau im weißem Kleid, 1913. Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München