Erstaunliches ist zu sehen. Schmuck kann buchstäblich alles sein, spinnwebenzart wie der Halsschmuck aus nach einem Streit ausgefallenen Haaren der estnischen Künstlerin Anna-Maria Saar, höchst erstaunlich wie das tragbare, an einen mittelalterlichen Pranger erinnernde Objekt der selben Künstlerin, verspielt wie die aus mit Hitze übertragenen Fotos und Spitze kombinierten Broschen und Ohrhänger von Mirja Marsch aus Finnland.
Geradezu riesig, ja klobig, kommen Halsgehänge – Ketten passt hier irgendwie nicht – der Finnin Anna Rikkinen daher. Die „Ketten“ erinnern an Springseile, riesige Uhren hängen am Seil, handfeste Objekten aus lackiertem Holz und Seil drängen sich ins Bewusstsein des Betrachters.
Bildtext (o.l.): Kim Buck Ringe BONSAI II 2012, Birke. Nichts für den Alltag, aber unverwechselbar sind diese Ringe aus Birkenholz. Foto: Galerie Handwerk
Bildtext (o.r.): "Wearable Object", tragbares Objekt, hat die Schwedin Margareth Sandström diesen Silberring getauft. Foto: Galerie Handwerk
Ähnlich handfest sind die Artefakte von Lillian Eliassen aus Norwegen. Ihr Neck piece (Halsstück) „Run Baby Run“ aus Beton, Kupfer und Stahl ziert das Ausstellungsplakat. Sie thematisiert mit ihrer Kunst weibliches Streben und weibliche Ängste vor dem, was die Welt für Frauen „auf Lager“ hat.
Bildtext (r.): Die Schwedin Märta Mattsson fügt gerne echte Insekten in ihre Kunstwerke ein wie hier in den Halsschmuck "Fossils" echte Zikaden, Azurit, Pyrit, Harz, Silber. Foto Galerie Handwerk
Ganz wunderbar ist die Kette „Garland“ (Girlande) von Aina Faven aus Finnland. Die schimmernde Blütenkette scheint auf den ersten Blick aus Perlmutter zu sein, besteht aber aus gebrauchten Plastiktüten und Polyester. Sie soll nicht „zieren“, sondern an die riesigen Plastikflächen auf unseren Ozeanen erinnern und ein Gedenken an die vielen Vögel und anderen Tiere sein, die durch das Verschlucken von Plastikresten elendig sterben.
„From the Coolest Corner – Nordic Jewellery“ präsentiert den neuesten zeitgenössischen Schmuck aus Skandinavien und Estland, will die Diskussion über Schmuck heute anregen und die Stellung von nordischem Schmuck in der nationalen und internationalen Szene festigen.
Bildtext (l): Kadri Mälks Brosche heißt "Very guilty“ und vereint sibirischen Gagat, rhodisiertes Weißgold, Spinell und Turmalin. Foto: Galerie Handwerk
Bildtext (r.): Die Schwedin Daniela Hedman reflektiert in ihrer Serie "Ground" ihren Körper, hier kupferne Füße. Foto: Galerie Handwerk
Insgesamt zeigt die Ausstellung 159 Schmuck-Ideen von 61 Künstlerinnen und Künstlern aus Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark, Island und Estland. München ist die letzte Station der Wanderausstellung, bevor sie nach Oslo zurückkehrt.
Doris Losch
Weitere Informationen:
www.hwk-muenchen.de
Titelbild: Die Isländerin Helga Ragnhildur Morgensen verwendet gerne Treibholz, hier in einem Halsschmuck aus Treibholz, Silber und Faden. Foto: Galerie Handwerk