Über 300 archäologisch, wie auch kultur- und kunsthistorisch wertvolle Exponate aus skandinavischen, russischen und nordeuropäischen Museen, darunter der "Goldschatz aus Hiddensee", geben Einblick in die faszinierende Kultur und Lebenswelt der Wikinger.
Julia Heiser, im Historisches Museum der Pfalz Speyer Mitglied im Team Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, beantwortete kenntnisreich Fragen zum Thema "Die Frau in der Wikinger-Zeit".
Was lässt sich allgemein über das Leben der Wikingerinnen sagen?
Allgemein lässt sich sagen, dass Frauen wohl innerhalb des Hauses oder des Hofes nicht zu vernachlässigende Rechte hatten und diesen in der Abwesenheit der Männer wohl auch vorstanden; es gibt auch Theorien, die weitergehen und derzufolge Frauen bei den Wikingern eine sehr starke gesellschaftliche Rolle inne hatten, aber das lässt sich fast nicht beweisen und muss Vermutung bleiben.
Welche Informationen gibt es zum Grab der Dame von Aska im HIstorischen Museum der Pfalz (Leihgeber: Statens Historiska Museum, Stockholm)?
Das Grab der Dame von Aska birgt die Beigabenausstattung einer der wohlhabendsten Frauen der Wikingerzeit. Zusammen mit ihren kostbaren Beigaben und mehreren Tieren wurde sie in der Mitte des 10. Jahrhunderts verbrannt. Sie wurde zwischen 18 und 44 Jahren alt. Die Spuren des Feuers sind an der Fibel und den Sattelbogenbeschlägen gut zu erkennen. Möglicherweise wurde die Dame von Aska in einem von mehreren Pferden gezogenen Wagen bestattet.
In der Ausstellung wird auch das Grab der "Königin" von Gausel: (Leihgeber: Bergen Museum, Universitetet i Bergen) gezeigt.
Das Grab der "Königin” von Gausel gehört zu den reichsten Frauengräbern der Wikingerzeit in Norwegen. Es wurde 1883 unter einem kleinen Steinhügel entdeckt. Neben kostbaren Fibeln und Armschmuck aus Gold, Silber und Gagat wurde der Verstorbenen auch ein abgeschlagener Pferdekopf mit prächtig verziertem Zaumzeug ins Grab gelegt. Drei Trinkhörner und eine Schüssel (nicht ausgestellt) belegen durch ihr Dekor Kontakte zu den Britischen Inseln.
Frauen und der Schlüssel – das ist ein weiteres Thema, das in der Ausstellung angeschnitten wird.
Schlüssel finden sich häufig in Frauengräbern der Wikingerzeit. Sie stehen symbolisch für die Schlüsselgewalt der Frau innerhalb des Hauses. Mit den dazugehörigen Schlössern waren beispielsweise hölzerne Truhen gesichert, in denen die Wikinger ihre Kleidung und Wertgegenstände verstauten. Die Schlüssel waren häufig fein gearbeitet oder mit Tiermotiven versehen. In unserer Ausstellung können Sie solche Schlüssel betrachten. Einer dieser reich verzierten Schlüssel, die wir ausstellen, scheint nicht funktionsfähig gewesen zu sein; es dürfte sich also um ein Schmuckamulett gehandelt haben.
Was zog Frau an?
Die skandinavische Frau kleidete sich bis in die zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts in eine besondere Tracht, die sich von allen anderen Moden des Mittelalters unterschied. Über einer schlichten Untertunika wurde ein röhrenförmiges Trägerkleid aus Wolle getragen, dessen schmale Träger mit zwei Ovalfibeln in Schulterhöhe befestigt wurden. An den Fibeln konnten kleine Ketten mit nützlichen Geräten befestigt werden. Als zusätzlichen Schmuck findet man auch häufig Perlengehänge zwischen den Ovalfibeln. Halsketten sowie Arm- und Fingerringe komplettieren gelegentlich das Schmuckensemble, Ohrringe kannte eine Wikingerin dagegen nicht. Eine weitere Fibel verschloss das Unterkleid oder einen Umhang in Halshöhe. Während der Arbeit oder auf dem Feld war eine solche Tracht eher hinderlich. Wahrscheinlich verzichtete eine Frau bei diesen Tätigkeiten auf ihren Schmuck. Nur auf der Insel Gotland entwickelte sich eine abweichende Tracht, hier zogen die Frauen den Ovalfibeln kleinere Gewandspangen mit Tierköpfen vor, die mit einer runden Dosenfibel kombiniert wurden.
Wurde die Kleeblattfibel von Frauen getragen?
Die Kleeblattfibel wurde auch von Frauen getragen. Meist im Brust-, Dekolletébereich, um das Gewand zusammenzuhalten. In unserer Ausstellung sehen Sie dies am Beispiel von zwei nachgearbeiteten Frauengewändern.
Die Wikingerinnen waren "Haushüterinnen"?
Das Haus war der Lebensmittelpunkt jeder Familie. Hier bereiteten die Wikinger ihre Nahrung zu und verrichteten ihre täglichen Arbeiten. Männer und Frauen hatten im Haushalt unterschiedliche Aufgaben. Während die Männer auf dem Hof und den Feldern arbeiteten, auf die Jagd gingen oder fischten, kümmerten sich die Frauen um das Haus. Sie bereiteten die Mahlzeiten, versponnen die Wolle der Schafe und webten daraus Stoffe für die Kleidung. Abends genossen sie die Darbietungen eines Dichters oder entspannten sich bei Musik und Brettspiel. Innerhalb der Familie stand der Hausherr der Familie vor. Er gebot nicht nur über seine engere Familie, sondern auch über weitere Blutsverwandte und die Bediensteten seines Hauses, die in wohlhabenderen Haushalten viele der gewöhnlich anfallenden Arbeiten übernahmen.
Weitere Informationen:
www.museum.speyer.de
Bildtext: Kleeblattfibel aus dem Schatzfund von Hon, Norwegen (Kopie); Musée des Beaux Arts, Rouen (Frankreich). Das Original wird in der Universitetets Oldsaksamling in Oslo aufbewahrt und datiert in die zweite Hälfte des 9. Jahrhundert.
(Der Link wurde am 27.12.2008 getestet.)