Wittenberg. - Katholiken rufen Maria als Heilsvermittlerin an, Protestanten sehen in ihr allein die „holdselige“ Mutter des Gottessohnes. Doch wie kam es zu diesen unterschiedlichen Sichtweisen?
Die Ausstellung der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt im Augusteum (13. April bis 18. August 2019) beleuchtet die von einander abweichenden Ansichten beider Konfessionen. Anhand von Zeugnissen der Kunst, Theologie, Literatur und Musik werden die unterschiedlichen Ansichten der katholischen und protestantischen Marienverehrung im 16. Jahrhundert aufgezeigt.
In 120 Exponaten kostbaren Schnitzplastiken und Gemälden, Grafiken und Schriften wird das Bild Marias in unterschiedlichsten Varianten – mal als prachtvolle prachtvolle Himmelskönigin, mal als demütige Magd Gottes – dargestellt und beschrieben.
Während die einen sie als Himmelskönigin in der Gloriole und auf der Mondsichel preisen, ihr Leiden in Fürbitten und Hymnen nachempfinden und ihr Leben in Einzelszenen verbildlichen, schätzen die anderen ihre Mütterlichkeit, ihren vorbildhaften Glauben und ihre Bescheidenheit, blenden sie aber aus der Bildwelt ihrer Kirchen und Häuser aus.
Martin Luther war gegen den Marienkult ...
Luther erteilte mit seinem auf Christus konzentrierten Glauben dem Marienkult seiner Zeit eine Absage, indem er Marias Bild auf das biblische Zeugnis zurückzuführen suchte, dabei blieb sie für ihn stets Vorbild und Inbegriff von Demut, Liebe und Barmherzigkeit. Seine Wertschätzung fasste er in die Worte „sie ist mir lieb, die werte Magd“.
Die Ausstellung will die Ausdifferenzierung der Marienverehrung – die Marienfrömmigkeit am Vorabend der Reformation einerseits, die mit der Kirchenspaltung einsetzende Neuorientierung auf das Marienlob andererseits – in Werken der Kunst wie auch in Zeugnissen der Theologie, der Musik und der Kultur aufzeigen.
In kostbaren
Skulpturen, Gemälden und Grafiken werden die tradierten
Marienikonographien des ausgehenden Mittelalters vorgestellt. Einen
Höhepunkt bilden 12 mittelalterliche Schnitzplastiken aus der
Züricher Stiftung Sammlung E.G.Bührle, die die Madonna als „Mater
dei“, als Pietà oder thronende Gottesmutter wiedergeben. Sie
werden um eindrucksvolle Tafelgemälde ergänzt.
Grafische Arbeiten
und Altartafeln der Cranachwerkstatt wie auch andere Bildwerke der
Region führen die vorreformatorische Marienfrömmigkeit in
Wittenberg unter Kurfürst Friedrich dem Weisen vor Augen,
einschließlich der von ihm geförderten Marienwallfahrten.
… doch er „wertschätzte Maria als ‚demütige Magd Gottes‘“
Für Luther und seine Anhänger verkörpert das zum Trostbild umgedeutete Motiv der „Maria mit dem Christuskind“, wie es die Cranachwerkstatt variationsreich auflegte, die neue, auf Maria als Mutter Gottes bezogene Marienverehrung – in seiner neutralen Darstellungsform überstand es alle konfessionellen Bilderstürme. Dabei blieben Marienaltäre nach der Reformation weitaus häufiger als bisher angenommen in Gebrauch oder wurden zumindest als fragmentierte Teile in neue Altarretabel integriert.
Unter den bilderstürmerischen Ausschreitungen ist die Verstümmelung von Marienfiguren die wohl drastischste Ausdrucksform eines reformatorischen Ikonoklasmus. Luther lehnte zwar die Darstellungen Marias als Himmelskönigin und Maria lactans ab, kritisierte vor allem Wallfahrt und Reliquienverehrung, doch ließ er ihr Bildnis gelten, sofern es nicht als Heiligenbild angebetet werde. Er blieb Maria zeitlebens zugeneigt, wofür allein schon seine Vorlesungen und Predigten sprechen, die er unbeirrt am Tage Mariae Heimsuchung von 1520 bis 1544 hielt.
Die Ausstellung der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt im Augusteum „Verehrt. Geliebt. Vergessen. MARIA zwischen den Konfessionen“ steht unter der Schirmherrschaft von Landesbischöfin Ilse Junkermann und Bischof Dr. Gerhard Feige. Sie findet vom 13. April bis 18. August 2019 in der Lutherstadt Wittenberg statt.
(Quelle: Cab Artis)
Weitere Informationen:
www.martinluther.de