München.- Was wäre das Münchner Lenbachhaus heute, hätte Gabriele Münter (1877-1962) nicht anlässlich ihres 80. Geburtstags 1957 der Stadt München über tausend Werke geschenkt. Es wäre bestimmt nicht das international führende Haus der Moderne, als das es sich heute präsentiert. So ist die Sonderausstellung „Gabriele Münter – Malen ohne Umschweifen“ zum 140. Geburtstag der Künstlerin eine Selbstverständlichkeit.
[caption id="attachment_11552" align="alignleft" width="327"] GABRIELE MÜNTER, Porträt, um 1935, Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München, © VG Bild-Kunst, Bonn 2017[/caption]Erstmals vereint „Malen ohne Umschweife“ das malerische Werk aus allen Lebens- und Schaffensphasen und verdeutlicht ihr genreübergreifendes Talent.
Die von Isabelle Jansen, Leiterin der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, und Lenbachhaus-Chef Matthias Mühling kuratierte Schau zeigt rund 200 Exponate. Mehr als die Hälfte davon war noch nie oder zuletzt zu Lebzeiten Münters der Öffentlichkeit zugänglich. (Anmerkung: Im Depot des Lenbachhauses befinden sich noch mehr als 700 Werke!)
[caption id="attachment_11550" align="alignright" width="283"] GABRIELE MÜNTER Sinnende II, 1928, Textiler Bildträger, 95 × 65 cm, Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München, Inv.-Nr. P 6, Foto: Lenbachhaus: © VG Bild-Kunst, Bonn 2017[/caption]Gabriele Münters Familie hat amerikanische Wurzeln, weshalb Münter 1899/1900 eine Reise nach Missouri, Texas und Louisiana unternahm und mit ihrer Kodak-Kamera bereits unmittelbare Bildsujets in der Fotografie entwickelte. Sie bewies im damals jungen Medium Fotografie ein sensibles Gespür für Bildkompositionen. Quasi durch den Sucher der Fotokamera nahm sie vieles vorweg, wofür sie später, vor allem in Zusammenhang mit dem „Blauen Reiter“, geschätzt wurde.
Die Themenkreise der Ausstellung umfassen: Fotografien, In der Natur (Münter-Zitat: „Dass ich im Wesentlichen eine Plein Air-Malerin geblieben bin, haben Sie sicher bemerkt“), Primitivismus , Arbeit und Technik (Ausbau des Straßennetzes im Deutschland der 30-er-Jahre u.a. wegen der Olympischen Spiele), Wiederholen und Variationen, Neue Gegenständlichkeit – Zwanzigerjahre, Umgang mit Abstraktion.
Münters Ex Wassili Kandinsky fehlt nicht und tritt u.a. mit dem von Billy Wilder geschenktem Gemälde aus dem Israel Museum, Jerusalem „Kandinsky am Teetisch“ von 1910 in Erscheinung.
[caption id="attachment_11547" align="alignleft" width="335"] GABRIELE MÜNTER, Das Frühstück der Vögel, 1934, Öl auf Pappe, 45,5 × 55 cm, Courtesy of the National Museum of Women in the Arts, Washington, D.C. Gift of Wallace and Wilhelmina Holladay Foto: Lee Stalsworth © VG Bild-Kunst, Bonn 2017[/caption]Wenig bekannt sind ausgestellte Beispiele für Experimente mit der Abstraktion aus den Jahren 1914, 1918, 1952 und 1954.
Als eines der reizvollsten und zugleich geheimnisvollsten Gemälde gilt „Zuhörerinnen“ von 1925/1930. Vier modisch gekleidete Frauen in Stöckelschuhen sitzen auf einem Sofa und blicken wohin? Denken worüber nach? Warten auf wen oder was? An der Wand hängen Gegenstände, sind es Fetische, Dekorationen, Symbole für Übersinnliches? Über dieses Bild ist nichts Näheres bekannt.
Neben der Fotografie hat sich Gabriele Münter auch mit dem neuen Medium Film auseinandergesetzt und sich von ihm inspirieren lassen. Es flimmern daher nicht von ungefähr in der Ausstellung „Dr. Dolittle und seine Tiere“ (1927/1928) der Scherenschnittkünstlerin Lotte Reiniger und „Der Dieb von Baghdad“ (1924) zum Vergnügen der Besucher.
Begleitet wird „Malen ohne Umschweife“ von Workshops für Kinder und Jugendliche, gemeinsamem Erkunden und Ausprobieren für Familie und Freunde plus eigenem Gestalten im Studio. Für Schulklassen wurde ebenfalls ein eigenes Programm konzipiert. Autorin: Doris Losch
Gabriele Münter – Malen ohne Umschweife, Kunstbau/ Lenbachhaus München, 31. Oktober 2017 – 8. April 2018. Im Anschluss ist die Ausstellung vom 3. Mai bis 19. August 2018 im Louisiana Museum of Modern Art in Humblebaek und vom 15. September 2018 bis zum 13. Januar 2019 im Museum Ludwig in Köln zu sehen.Weitere Informationen: www.lenbachhaus.de www.lenbachhaus.de/vermittlung
Titelbild: GABRIELE MÜNTER, Stilleben vor dem gelben Haus, 1953, Textiler Bildträger, 46,5 × 54,5, Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München, Inv.-Nr. S 19, Foto: Lenbachhaus: © VG Bild-Kunst, Bonn 2017