Der Preis wird gemeinsam vom internationalen Dachverband für Digitale Geisteswissenschaften, der Alliance of Digital Humanities Organization (ADHO), und dem Verband der Digital Humanities im deutschsprachigen Raum (DHd) verliehen.
In ihrer Arbeit „Kafkas Stil – Zur Psychostilistik der Tagebücher Kafkas“ untersuchte Cosima Mattner die psychosoziale Verfassung Kafkas anhand der Häufigkeit bestimmter Wortarten in seiner Sprache, insbesondere von negativen Emotionswörtern und Pronomen. „Die Frequenz von selbstbezüglichen Pronomen wird in der Regel nicht vom Autor gesteuert und kann ein Indiz für depressive Störungen sein“, erläutert sie. „Diese Wörter kommen bei Kafka häufiger vor als in vergleichbaren Texten, sind aber insgesamt gleichmäßig verteilt. Das deutet auf eine stabilere psychische Verfassung hin, als bisher angenommen. Kafka war gewissermaßen schlecht drauf, aber wohl nicht klar depressiv. Gleichzeitig könnte die Zunahme negativer Emotionswörter in seinen Tagebüchern jedoch in Bezug zu seiner fortschreitenden körperlichen Krankheit stehen.“
„Die Studie ist ein toller erster Schritt“, so die Betreuer der Arbeit, Prof. Dr. Gerhard Lauer und Dr. Berenike Herrmann. „Die Behandlung literaturwissenschaftlicher Forschungsfragen mit Methoden der Erfahrungswissenschaften hat eine beachtliche Tradition, ist aber erst im Zuge der Digitalisierung der Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren so richtig in Fahrt gekommen.“ Im laufenden Sommersemester bietet das Seminar für Deutsche Philologie der Universität Göttingen im Rahmen der forschungsorientierten Lehre ein vergleichbares Projekt zur digitalen Untersuchung von Briefen, Tagebüchern und Songtexten an.
Weitere Informationen:
www.uni-goettingen.de
Titelbild (v.l.): Dr. Berenike Herrmann und Cosima Mattner. Foto: Georg-August-Universität Göttingen