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Uni Bayreuth: Einblick in die geheimnisvolle Welt der alten Frauenklöster

08.06.2014

Lesesonntag:  Hohe Mauern umschlossen einst die meisten Frauenklöster und verbargen damit das Tun der Nonnen vor neugierigen Blicken. Dass sich Nonnen gelegentlich auch mit Geschichte beschäftigten, war bislang kaum bekannt für die Zeit vor der Französischen Revolution. Der Bayreuther Geschichtsdidaktiker Dr. Stefan Benz ging dieser Frage nach und untersuchte rund 1200 Frauenklöster Mitteleuropas zwischen Brünn und Brüssel, zwischen Brabant und Slowenien auf ihre Geschichtskultur. Darunter versteht er alle Formen, sich konstruktiv mit Vergangenheit auseinanderzusetzen oder damit konfrontiert zu werden.

„Heute sind wir es gewohnt, dass uns gedeutete Geschichte umgibt. Die historischen ZDF-Fernsehdokumentationen von Guido Knopp erreichen beispielsweise ein Millionenpublikum. History sells ist zum geflügelten Wort geworden. So überraschte es nicht wirklich, dass sich die Menschen auch früher für die Vergangenheit interessierten“, erzählt Dr. Stefan Benz. Die Nonnen schrieben z.B. kurze Chroniken, bestellten Bilder und Fresken, die Vergangenes zeigten, oder trugen Erinnerungen und Geschichten mündlich weiter, von einer Schwesterngeneration zur nächsten.

„Klassisches Schulbuchwissen war damals aber nicht gefragt. Am liebsten lasen die Nonnen Biographien oder schrieben welche. Sie bewahrten Vergangenheit, ermöglichten Gedenken und Erinnerung“, erläutert der Bayreuther Wissenschaftler. Obwohl in den Stürmen der Zeit, besonders seit der Französischen Revolution, viel zugrunde ging, gelang es Dr. Stefan Benz doch, hunderte solcher Zeugnisse vergangener Geschichtskultur teils zu beschreiben, teils wenigstens zu benennen.

Seine umfangreichen Forschungen, die von der Gerda Henkel Stiftung Düsseldorf finanziert wurden, hat der Geschichtsdidaktiker im soeben erschienenen Buch ‚Frauenklöster Mitteleuropas. Verzeichnis und Beschreibung ihrer Geschichtskultur 1550-1800‘ zusammengefasst. Auch zu Oberfranken enthält der Band Einträge, so zu den Bamberger Frauenklöstern und zu Himmelkron. Während die Bambergerinnen teils glänzend über Zeitereignisse informiert waren, erhielt die letzte Äbtissin von Himmelkron von einem Melkendorfer Pfarrer noch eine gereimte Geschichte ihres Klosters geschenkt: Ein wenig verkürzend sah er die Frauenklöster als eine Form von Schulen. Von den Hofer Klarissen ist dagegen kein Zeugnis ihrer Geschichtskultur erhalten.

Bayerns Frauenklöster sind in dem Buch überproportional vertreten: Die relativ gute Quellenlage bescherte manchen Fund, insbesondere die Münchnerinnen trugen mit ihrem historischen Interesse dazu bei. Die drei alten Münchner Frauenklöster, heute im Stadtbild der Landeshauptstadt kaum noch auszumachen, sorgten durch teils aufwändig illustrierte Drucke nicht nur für ihre Geschichte, sondern auch für ihren Nachruhm – europäisch einmalig.
(Quelle: Universität Bayreuth)

Weitere Informationen:
www.uni-bayreuth.de

Titelbild: Der Kupferstich aus dem 18. Jahrhundert bietet einen Einblick in eine Zelle des Münchner Bittrichklosters. Auffällig ist das Wandbild, das die Erzherzogin Kunigunde von Österreich, eine Schwester Kaiser Maximilians I., darstellt, die in der Geschichtskultur dieses Terziarinnenklosters eine überragende Rolle spielte. Dr. Stefan Benz