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Lenbachhaus: Senga Nengudi – Topologien

14.09.2019
Bildunterschrift: Arbeiten von Senga Nengudi

München. - Senga Nengudis Werke sind nicht für die Ewigkeit gedacht. Sie musste für die Ausstellung im Lenbachhaus beispielsweise ihre „Water Compositions“ von 1970 ganz neu gestalten.

Denn diese Skulpturen aus mit Lebensmittelfarben gefärbtem Wasser und Vinyl überdauern nur wenige Jahre. Wie alle Werke der legendären Avantgarde-Künstlerin sind sie von Bewegung bestimmt, in diesem Falle vom Volumen des Wassers. Ebenso bewegt sind ihre „Stoffgeister“, welche sie 1972 in den Straßenzügen Harlems installiert hatte und die vom Winde verweht flatterten. Fotografien dieser anmutigen Gebilde sind in der Ausstellung zu sehen.

„Dauerhaftigkeit hatte für mich nie Priorität, zum Leidwesen vieler“, kommentiert die Künstlerin. Ziel ihres Schaffens sei vielmehr nicht die Aufbewahrung und Kanonisierung der Kunst, sondern ihre Fortsetzung.

Bildunterschrift: Performance Piece, 1977, Foto-Triptychon (Detail) Performerin: Maren Hassinger, Originalfotografie: Harmon Outlaw, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Sammlung KiCo © Senga Nengudi 2018;

Publikumslieblinge werden mit Sicherheit die anthromorphen R.S.V.P.-Skulpturen (R.S.V.P. = Respondez S’il Vous Plaît). Es handelt sich um aus Objekte und Verschmelzungen von Nylons und Sand und anderen Fundstücken, mit denen diese alltäglichen Dinge gefüllt sind. Ausgesprochen verspielt und die Phantasie anregend und einfach hübsch.

Bildunterschrift: „Inside/Outside“, 1977, Nylongewebe, Gummi, Sand, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Courtesy Thomas Erben Gallery New York, Copyright: Senga Nengudi 2019.

Auf die Idee mit dem äußerst dehnbaren Strumpfhosenmaterial war sie nach der Geburt eines Sohnes gekommen, weil sie erlebt hat, wie dehnbar und flexibel ein weiblicher Körper ist.

Die 1943 in Chicago geborene Künstlerin hat in fünf Jahrzehnten ein einzigartiges Oeuvre geschaffen, das sich zwischen Bildhauerei, Performance und Tanz bewegt. Nengudis Formensprache ist von japanischen Theaterformen wie Kabuki und Butoh geprägt (sie hat ein Jahr in Tokio studiert) ebenso wie von westafrikanischen rituellen Praktiken.

Erstmals in Europa wird neben allen anderen Ausstellungsstücken auch die Installation „Bulimia“ gezeigt, ein in sich geschlossener, an eine ägyptische Grabkammer erinnernder Raum, ausgekleidet mit Zeitungen, ausgebreitet, ein wenig verformt und total zerknüllt, goldfarben angemalt. Bei den Zeitungsausschnitten hat sie negative Headlines vermieden und sich stattdessen für Positives entschieden.

Bildunterschrift: Senga Nengudi
R.S.V.P. Reverie „D“, 2014, Foto: Timo Ohler, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Sammlung KiCo © Senga Nengudi 2018
Bildunterschrift: „Rubber Maid“, 2011, Nylongewebe, Gummi, Sand, Collection Amy Gold und Brett Gorvy, Copyright Senga Nengudi 2019.

Im Münchner Hirmer Verlag ist der Katalog „Senga Nengudi Topologien Topologies“ erschienen, in deutscher und englischer Sprache, 336 Seiten, 246 Abbildungen, 39.90 Euro, herausgegeben von Stephanie Weber und Matthias Mühling. Erstmals liegt das Werk Senga Nengudis umfassend in Katalogform vor.

Während der Ausstellung finden Führungen statt, Workshops und Tanzperformances mit Julie Anne Stanzak vom Tanztheater Wuppertal Pina Bausch und mit den beiden Münchner Tänzerinnen und Choreografinnen Katrin Schafitel und Katja Wachter, voraussichtlich am 15. Dezember 2019 und 12. Januar 2020.

Lenbachhaus München: „Senga Nengudi – Topologien“, 17. September 2019 – 19. Januar 2020.

Autorin: Doris Losch

Weitere Informationen:
www.lenbachhaus.de
www.hirmerverlag.de