Unvorstellbar im heutigen Stadtbild: Hinter jedem größeren Haushalt ein üppiger und stinkender Misthaufen. Wir haben ja die Müllabfuhr. Wir haben keine Pferde, Kühe, Ochsen, Ziegen, Hühner, Gänse und vor allem keine Hausschweine mehr. Die Erwachsenen kaufen heute das ganze Spektrum an Nahrungsmitteln in kleinen verpackten Portionen, die Kinder erleben das historische Stadtleben flach am Fernseher, in Farbe, ohne Geruch.
Bildtext (l.): Cranachhaus Markt 4 in Wittenberg. Foto: Inhaber: Investitions- und Marketingessellschaft Sachsen-Anhalt GmbH, Fotograf Tim Hufnagl
Zu Cranachs Zeiten konnte ein Misthaufen noch echte Wunder wirken! Was für spannende Minuten, wenn der Knecht aus dem Misthaufen die wochenlang vorher vergrabene kleine Kiste herausholte. Bestimmt murmelte er noch ein paar lateinische Worte, um die Zauberwirkung dieser Minuten zu steigern.
Alle hatten ja gesehen, als 14 Tage zuvor diese Holzkiste mit braunen Kupferspänen hier vergraben wurde. Aufmachen! Wie sieht der Inhalt dieser Kiste aus? Alles grün? Ja GRÜN, richtig grün!
Da man oft die lateinischen Sprüche gegen handfeste Erfahrungswerte tauschte, hatten die Malergesellen gerne ihr altbewährtes Rezept angewendet: Kupferspäne, ungelöschter Kalk, eine Hand voll Weinstein, Vitriol aus den Thüringer Bergwerken, gut gemischt. Wichtig war, dass der Kasten aus Eichenholz gemacht sein musste. Die Gerbsäure des Eichenholzes reagierte hier auf eine ganz spezielle Art und Weise. Mit den Kupferspänen.
Die stete Wärme des vor sich hin gärenden Misthaufens, täglich mit neuem Dung befüllt, die leise ziehenden Gase: Eine funktionierende chemische Fabrik, die aus dem Kupfer recht schnell schillernden Grünspan machte. So stehts im Merkbüchlein der wander- und erlebnisfreudigen Malergesellen: „Wiltu gut Grün machen“ – und das geht eben nur mit einem Misthaufen, den es ja bei jedem größeren Haushalt im Innenhof gab.
Bildtext (r.): Cranach-Signet. Foto: Inhaber: Investitions- und Marketingessellschaft Sachsen-Anhalt GmbH, Fotograf Tim Hufnagl
Einer der Höhepunkt des deutschen Kulturjahres 2015 wird die Landesausstellung „Cranach der Jüngere 2015“ in der Lutherstadt Wittenberg sein.
(Quelle: © by C.A.B.-Artis 2015)
Weitere Informationen:
www.cranach2015.de
Titelbild: Cranachs Farben. Foto: Inhaber: Investitions- und Marketingessellschaft Sachsen-Anhalt GmbH, Fotograf Tim Hufnagl