Ein königlich-preußischer Landrat vor gut hundert Jahren – da taucht spontan das Bild eines gesetzten Bürokraten mit ausgeprägtem Hang zum Präsentieren auf. Eher langweilig. Der Inhaber dieses Amtes im heutigen Märkischen Kreis fegt dieses Klischee hinweg. Fritz Thomée (1862 – 1944) war als einer der ersten Märker motorisiert unterwegs. Dass er seinen Adler Phaeton auch dienstlich nutzte statt der üblichen Pferdekutsche, brachte ihm eine Rüge des Innenministers ein. Thomée ging mit Grandezza darüber hinweg und konnte so als einer der ersten bei einem Großbrand im Landkreis zur Stelle sein und sofort Hilfsmaßnahmen einleiten. So war er eben: effizient, zupackend, fortschrittsbegeistert. Ein Macher, der gegen alle Widerstände den Wiederaufbau der Burg Altena realisierte. Und dann gab es da noch die andere, empfindsame Seite. Thomée war ein leidenschaftlicher und kompetenter Kunstsammler - und ein romantisch Liebender.
Bereits als Regierungsassessor hatte er sich in den 1890er Jahren in die Iserlohner Kommerzienratstochter Lily Herbers verliebt. Die zwölf Jahre jüngere, hübsche und lebenslustige Frau war zwar nicht abgeneigt, wollte sich aber nicht so recht für den preußischen Beamten entscheiden. Sie stammte aus einer schwerreichen Familie, die einen beeindruckenden Villenkomplex mit weitläufigem Park bewohnte. Ein Leben in märchenhaftem Luxus. Ihr Verehrer war auch aus soliden Verhältnissen. Sein Vater, ebenfalls Kommerzienrat und Fabrikant, pflegte mit seiner Frau aber einen wesentlich bescheideneren Lebensstil. Thomée selbst stand ab 1901 ein überschaubarer Amtssold zur Verfügung, ergänzt durch seinen Anteil an den Einnahmen der elterlichen Firma.
Sowieso legte er auf ein Leben in Saus und Braus wenig Wert. Seine Prioritäten galten dem Wohlergehen des Altenaer Landkreises und der Kunst. Das Paar lebte in zwei verschiedenen Welten, was zwangsläufig zu Reibungen führte. Dieses Gefühlschaos ertrug der heftig Entflammte zehn Jahre lang. Im Oktober 1905 hatte er genug. Er nahm Abstand zu der wankelmütigen Frau und begab sich auf eine mehrwöchige Kreuzfahrt an Bord des Hamburger Vergnügungsdampfers Meteor.
Bildtext (r.): Das Ehepaar Lily und Fritz Thomée
Der Schiffspassagier schrieb an seine Schwiegermutter in spe: „Ich habe Lili geliebt wie keine andere auf dieser Welt ..., aber für das, was zwischen uns steht, weiß ich mir keinen Rat.“ Dann spielte ihm eine falsche Pressemeldung in die Hände, die bekannt gab, dass die Meteor südlich von Porto gesunken sei. Die unwillige Braut kam angesichts des drohenden Verlustschmerzes zur Besinnung. Thomées Telegrammbotschaft „wohlbehalten in Lissabon angekommen. Stimmung … vorzüglich“ beschleunigte das Happy End: Ein halbes Jahr später feierten Fritz und Lily ihre Hochzeit standesgemäß im Berliner Savoy. Eine Liebesheirat ohne Wenn und Aber, Beginn einer harmonischen Ehe, die erst mit dem Tod Fritz Thomées 1944 endete. Seine Frau überlebte ihn nur um wenige Tage.
Thomées beherztes Engagement und seine fachkundige Sammeltätigkeit waren Voraussetzung für das moderne Museumszentrum auf Burg Altena.
Ab April 2014 ist die Burg Altena durch einen spektakulären Aufzug barrierefrei und spielend leicht zu erreichen. Er bringt die Besucher durch mehr als 85 Meter massiven Fels vom Lenneufer aus direkt hinauf in den Burghof. Informationen zur Burg.
(Quelle: © 1-2014 by CAB-Artis)
Weitere Informationen:
www.altena.de
Titelbild: Lily Herbers