Fast sieht man Krokodilstränen aus den Augen der Stellschrauben-Dreher kullern – so bedauerlich, aber eben unabänderlich erscheint die ungleichgewichtige Situation. Seit Jahren verspricht man Abhilfe, doch außer Lippenbekenntnissen passiert nichts. Wie sonstlässt es sich erklären, dass in Deutschland die Lohnschere zwischen Frauen und Männern von 23,0% im Jahr 2007 auf 23,2% in 2008 offensichtlich unaufhaltsam aus einanderdriftet?
Doch diesmal ist es die Europäische Kommission, die feste aufs Gaspedal tritt! Immerhin will die EU-Kommission nun "geschlechtsspezifische Lohnunterschiede deutlich verringern" ... "Auch neue Rechtsetzungsvorschläge sind denkbar" heißt es im O-Ton der Europäischen Kommission Vertretung in Deutschland. Eingebettet sind diese beabsichtigten Aktivitäten in eine 5-Jahres-Strategie "zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern".
Hoffnung keimt auf, denn Frauen sollen EU-weit den Männern am Arbeitsmarkt gleichgestellt werden, gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten und auch gleichberechtigt an Entscheidungsprozessen beteiligt werden – klingt alles sehr, sehr löblich!
Doch dann wird man nachdenklich, sehr, sehr nachdenklich; denn Kommissionsvizepräsidentin Viviane Reding, zuständig für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft, erklärte auch: "In der derzeitigen Krisensituation kann sich Europa eine geschlechtsspezifische Lohndifferenz nicht leisten."
Übersetzt bedeutet das meiner Meinung nach: weil die Volkswirtschaft zunehmend auf die zum Bruttosozialprodukt beitragende Arbeit von Frauen angewiesen ist, sollen sie auch die gleichen Löhne und Gehälter erhalten – aber eigentlich nur deshalb und nicht etwa aus überzeugter, längst, längst fälliger Anerkennung der beruflichen Arbeit von Frauen.
Na, wenn das nicht zum Heulen ist!
Brigitte Karch