Aber es gibt auch Wespen mit herzhafteren Vorlieben, beispielsweise für Schinken. Bereits im vorigen Sommer war auf dem heimischen Balkon eine Wespe zu Gast. Appetitlich drapiert lockte der gekochte Schinken auf dem Abendbrottisch und schon nahm das Insekt Kurs auf die oberste Scheibe. Mit Begeisterung machte sie sich ans Werk, säbelte, schnitt, sägte. Irgendwie süß.
Nun ja, als Tierfreundin ließ frau nach dem Abendessen gerne ein Achtel Scheibchen auf dem Tisch liegen. Die Wespe säbelte, schnitt, sägte. Mit jeweils einem Stückchen im Format einer Erbse flog sie davon und kehrte nach einigen Minuten wieder. Sie säbelte, schnitt, sägte, flog davon, kehrte wieder, bis Sonnenuntergang.
Am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang: Die Wespe war wieder da und säbelte, schnitt, sägt, bis aufs letzte Fitzelchen. Ob Wespen irgendwelche Vorratskammern anlegen? Etwa wie bei Südtiroler Bauern, die noch selber Schinken machen und die Schinken in kühlen Kellergewölben an die Decke hängen?
Das war vergangenes Jahr. Nun also August 2009: Auf den Tisch kommt an einem warmen Sommerabend gekochter Schinken. Es dauerte nicht lange und wer segelt heran? Natürlich die Wespe. Ob es nun die selbe ist oder ein Abkömmling, bleibt unbeklärt. Jedenfalls gehört sie zur Gattung der Schinkenwespen und macht sich unverzüglich ans Werk, sie säbelt, schneidet, sägt, fliegt davon, kehrt wieder etc. und bringt sogar eine zweite Wespe mit.
Am folgenden Abend gibt es Salami. Die Wespe kommt, prüft, schnuppert (so scheint es) und – zieht ab. Vermutlich enttäuscht. Deshalb gibt es bald wieder gekochten Schinken, diesmal aus dem Sonderangebot, also "Billigware". Die Wespe kommt ... doch der Schinken findet keinen Anklang, sie säbelt nur ein winziges Stücklein ab, verschwindet damit und ist an diesem Abend nicht mehr zu sehen. Als wieder frischer Metzgerschinken vorliegt, kommt die Wespe, säbelt, schneidet, sägt, fliegt davon, kehrt wieder etc. etc.
Fazit: Auch Wespen schätzen handwerklich hergestellte Fleischwaren...
Doris Losch