Blicken wir zurück. Als die englische Modeschöpferin Mary Quandt uns Anfang der Sechziger Jahre den Minirock bescherte, waren die fette Wirtschaftswunderjahre in vollem Gange. In den Goldenen Zwanzigern tanzten die Frauen Charleston und zeigten Knie. 1929 stürzte die Weltwirtschaftskrise Millionen ins Elend. Den Menschen wurde bang und bänger, die Röcke wurden lang und länger und schleiften bald im Straßendreck, als die Nazidiktatur hereinbrach. Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger Jahre wurde es dann wieder richtig brenzlig, börsenmäßig, die Röcke umspielten prompt die weiblichen Waden und Knöchel. Und heute können wir uns der Flut schlechter Nachrichten kaum mehr erwehren, müssten also Schleppen hinter uns her schleifen.
Für den Sommer 2009 lobt die Modeindustrie nun extreme Minis aus. Das ist ein gutes Zeichen und sollte nicht als die Wiederkehr des Ewiggleichen mangels frischer Einfälle abgetan werden. Den Zusammenhang zwischen Rocksaum und Wirtschaftsblüte hat sogar das als äußerst ernsthaft bekannte Institut für Demoskopie in Allensbach untersucht und kam in der legendären "Minirock-Studie" zu folgendem Schluß: Frauen sind in wirtschaftlichen Boomzeiten unabhängiger und zeigen ihren Körper selbstbewusster. Ja, wie jetzt – ist der Aufschwung zuerst da oder macht der Mini den Anfang?
Die aktuellste Allensbach-Studie trägt übrigens den Titel "Mit wenig Hoffnung in das neue Jahr – Befürchtungen und Skepsis überwiegen".
OptimistInnen halten sich an das Minirock-Orakel. Alle mit einigermaßen schönen Beinen stürmen die Boutiquen mit der Lizenz zum Aufschwung. Ganz wichtig ist auch, das Haupthaar wachsen zu lassen. Hat doch eine japanische Kosmetikfirma (Kao) herausgefunden, Frauen trügen in konjunkturell schlechten Zeiten die Haare gerne kurz. Aber wieso schnitten sich unsere Großmütter dann ausgerechnet in den erwähnten Zwanzigern die alten Zöpfe ab und entschieden sich für den kurzen Bubikopf? Also, so richtig klappt das nicht mit der Orakelei. Das freilich war schon in Delphi so, das gleichnamige Orakel soll auch oft Unverständliches Zeug genuschelt haben und das zu einer Zeit, als die griechischen Männer kurze Röckchen trugen... Was sagt uns das jetzt wieder? Keine Ahnung....
Doris Losch