Die Ausstellung „Bier.Macht.München“ spannt einen bunten Bilderbogen auf, informativ und unterhaltsam zugleich. Ganz wichtig: Zwar feiert man heute den 500. Geburtstag des bayerischen Reinheitsgebotes, München aber hatte bereits 1487 ein eigenes Reinheitsgebot.
Seit dieser Zeit blüht das Brauwesen. Ausstellungsschwerpunkt ist die Entwicklung ab der Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute. Die entstehenden Großbrauereien – aufgrund des erhöhten Wettbewerbsdrucks schritt die Konzentration im Brauwesen rasch voran – benötigten viel Platz und veränderten das Stadtbild: Die von den neuen „Bierbaronen“ errichteten Industriepaläste waren bald als imposante Repräsentationsbauten auf Postkarten gedruckt in ganz Europa zu finden.
Bildunterschrift (l.): August Kaulbach, Schützenlisl, 1878. © Münchner Stadtmuseum
Persönlichkeiten wie Gabriel Sedlmayr ist es zu verdanken, dass München zwischen 1860 und 1890 industrialisiert wurde. Aus der Zusammenarbeit zwischen Sedlmayr und Carl Linde entstand die erste Kältemaschine. Dank dieser Kältemaschine und der Entdeckung von Louis Pasteur (dem Pasteurisieren) konnte nun der Einfluss von Hefe auf den Brauprozess exakt gesteuert und ganzjährig große Mengen Bier produziert und gelagert werden.
Ab 1880 thematisierten die Werbetafeln immer häufiger das Bier, das Münchner Kindl mit Bierkrug und Radi, die bierbringende Kellnerin Coletta, von Friedrich August von Kaulbach als „Schützenlisl“ unsterblich gemacht, und das Wachsmodell eines „Münchner Bierherzens“ aus der Anatomischen Anstalt der LMU München und ein schönes Jugendstilplakat über die „Wander-Ausstellung über den Alkoholismus“ erfreuen die Besucher von „Bier.Macht.München.“.
Bildunterschrift (o.): Philipp Kester, Breznverkäuferin im Hofbräuhaus, Fotografie
© Münchner Stadtmuseum
Ein besonders liebenswertes Exponat ist die Wirtshausszene der Marionettenbühne Binter mit Figuren des legendären Marionettenbauers Walter Oberholzer „Kasperl und andere Gäste in der Wirtschaft mit Fass auf Ganter“ von 1920.
Zu bewundern sind u.a. weiter zahlreiche historische Krüge, Flaschen und Fässer, technische Informationen über den Brauvorgang, historische Gemälde wichtiger Persönlichkeiten der Brauszene, Biergartenszenen und, ach ja, eine Fotografie von Herbert Achternbusch an der Schreibmaschine mit Hund und Weißbierglas.
Zwischen den Weltkriegen entwickelten sich die Bierhallen zu politisch aufgeladenen Stätten. Der Hitlerputsch von 1923 heißt nicht von ungefähr im englischen Sprachraum „Beer Hall Putsch“.
Danach wird es friedlicher. Der Engel Aloisius tritt im Himmel und im Hofbäuhaus auf, Münchner Oberbürgermeister zapfen an, immerhin erwähnt wird auch der aktuelle Trend zum Craft Bier. Neben den sechs „alten Brauereien“ (Spaten-Franziskaner, Paulaner, Löwenbräu, Hofbräu, Hacker Pschorr, Augustiner), die heute z.T. Marken von Global Players wie AB-InBev sind, werden auf einer Karte auch neue Braustätten aufgezeichnet wie Crew Republic und 3 Brew G.
Bildunterschrift (r.): Bierkrug „Münchner Brauereien-Zeichen“ mit Zinndeckel und Durchscheinbild mit einer Frau mit Tamburin. Früheste gemeinsame Darstellung von Münchner Brauereien, 1887, Steinzeug / Zinn. © Edith-Haberland-Wagner-Stiftung
Craft Bier ist eigentlich nichts Neues für Bayern: Mikrobrauereien - die es heute noch häufig in Franken gibt – haben in Bayern eine lange Tradition.
Das Münchner Bierjahr wird ebenfalls erklärt von Salvator über das Bockbier bis zum Wiesnbier.
Ein umfangreiches Rahmenprogramm umfasst Vorträge, Diskussionen und – klar – Bierfeste. Auch das Jüdische Museum München greift das Thema auf.
Bildunterschrift (r.): Die Münchner Volkshochschule reiht sich mit einer breiten Programmfülle in die Aktivitäten rund um Bier ein. Neben Brauereiführungen und Bierverkostungen können Interessierte an geführten Bier-Spaziergängen durch München teilnehmen, Bier selber brauen, die Bayerische Küche kennenlernen oder einen Kurs "Bavarian Gourmet Cuisine" belegen. Foto: Bild © Kunst oder Reklame
Bildunterschrift (o.): Löwenbräu München, Postkarte, um 1910 © Münchner Stadtmuseum
Die Ausstellung „Bier.Macht.München“ ist noch bis zum 8. Januar 2017 geöffnet. Der empfehlenswerte Katalog kostet Euro 29.90.
Doris Losch
Weitere Informationen:
www.muenchner-stadtmuseum.de
www.juedisches-museum-muenchen.de
www.mvhs.de/bier
Titelbild: Anton Evers, Wirtsgarten, 1841. Öl auf Leinwand. © Münchner Stadtmuseum