Brikada - Magazin für Frauen

Brikada

Sommeliere Christine Balais: "Frauen und Wein

07.03.2008

Bei einer Weinprobe von AOC-Weinen des südfranzösischen Anbaugebiets Roussillon hatte brikada-Mitarbeiterin Doris Losch Gelegenheit zu einem Gespräch mit der Weinfachfrau und Gastronomin.

Frauen und Wein bedeutet nach Meinung von Christine Balais Harmonie. Frauen seien geborene Genießerinnen mit Sinn für Harmonie. Gerade feine, elegante Weine passten zum weiblichen Geschlecht, privat und im Berufsleben. "Frauen im Service kümmern sich mit Liebe um Dekor, Gläser, das ganze Drumherum eines gepflegten Weingenusses. Wenn sie für die Weinkarte verantwortlich sind, können sie ihre Leidenschaft voll entfalten."

Vielfach tragen in der Gastronomie Frauen die Verantwortung für den Weineinkauf. Innerhalb der Familie ist der Einkauf ohnehin meistens in Frauenhand. "Frauen wollen deshalb immer mehr über Wein wissen, sie sind neugierig." Bei Geschäftsessen sei es sehr wichtig, sich mit Wein auszukennen und die richtige Empfehlung auszusprechen. Gute Weinkenntnisse könnten erlernt werden. "Es kommt darauf an, möglichst viele Eindrücke zu speichern. Natürlich geht es nicht ohne Theorie wie Herkunft, Rebsorte etc." Aber es komme auch darauf an, sich daran zu erinnern, wie welcher Wein geschmeckt hat, welche Aromen er besitzt, zu welchem Essen er passt, was man dabei gefühlt hat. "Wenn man ihn probiert hat, muss man quasi die ‚Daten’ speichern und sich erinnern." Christine Balais speichert diese Puzzleteile über Momente, Erlebnisse, Stimmungen, Speisen. "Das kann man alles sehr gut üben."

Zum Wein ist die geborene Bretonin über ihre gastronomische Tätigkeit gekommen. Sie hat ursprünglich Reisebürokauffrau gelernt und kam nach Deutschland, um ihre Sprachkenntnisse zu vertiefen. Sie fand Gefallen an der Arbeit im Service, kletterte die Karriereleiter hoch und hat inzwischen drei Restaurants geführt. Jetzt widmet sie sich als freiberufliche Expertin voll und ganz dem Thema Wein.

Einen ausgesprochenen Lieblingswein hat Christine Balais nicht. In Deutschland liebt sie Riesling und gewinnt dabei dem Klimawandel etwas Gutes ab: "Riesling wird immer besser, weil das Klima sich verändert. Er ist nicht mehr so sehr von Säure geprägt, bringt jetzt mehr Harmonie und Fülle." Ähnlich günstig wirke sich das veränderte Klima auf die Weißweine der Loire aus.

Das südfranzösische Weinbaugebiet Roussillon hat die Sommeliere mehrfach bereist und entdeckt jedesmal neue Überraschungen und Freuden für den Gaumen. Traditionell ist das Roussillon für seine exzellenten Süßweine bekannt. Neuerdings jedoch konzentrieren sich die Winzer auch besonders auf Rot- und Weißweine mit "ganz hervorragenden Ergebnissen". Mit Genugtuung beobachtet Christine Balais, dass sich gerade die Top-Winzer und Gastronomen des Roussillon neuerdings mit der Frage "Welches Glas für welchen Wein" näher befassen. "Ansonsten sind die Franzosen da ... sehr traditionell! Die Gläserkultur ist in Deutschland und Österreich ganz klar weiter entwickelt."

Kennenlernen lässt sich die Welt des Weines nicht allein durch Verkosten, sondern auch durch Reisen und Lesen von Fachliteratur. Doch am Anfang steht die Entscheidung vor dem Weinregal – was rät Christine Balais in diesem Fall? "Weine beim Discounter können durchaus saubere, aber eben sehr einfache Weine sein. Als Genussmensch muss ich wissen, was ich für einen Preis von 1.99 Euro erwarten kann." Sie empfiehlt zunächst, zwei Weine der niedrigen und der nächsthöheren Preiskategorie zu kaufen, sich zu merken, wie der jeweilige Wein geschmeckt hat, welche Rebsorte ins Glas kam. Ein nächster Schritt könne die Beratung im Fachhandel sein. "Dort bekomme ich persönliche Beratung und kann den Wein verkosten." Als weitere Möglichkeit nennt sie den Einkauf direkt beim Winzer. "Man kann sich durchaus steigern und entwickelt nach und nach ein Gefühl für Wein."

Tipp von Christine Balais für ungetrübten Genuss einer Weinprobe:
Vorher viel Wasser trinken und danach viel Wasser trinken. Abwechselnd Wasser und Wein findet sie nicht ideal, weil das Wasser den schönen Weingeschmack auf der Zunge wegspüle. Ganz wichtig: Nie auf nüchternen Magen Wein trinken.

Text und Foto: Doris Losch